Weshalb Google die Schweiz als Forschungsstandort gewählt hat
Eine sichere, zuverlässige und wettbewerbsfähige Stromversorgung ist ein klarer Standortvorteil. Wie weitreichend diese bisher als selbstverständlich hingenommene Erkenntnis sein kann, zeigen konkrete Fallbeispiele aus der Schweiz.
Der Suchmaschinenbetreiber Google gehört weltweit zu den erfolgreichsten Unternehmen der Informationstechnologie. Erst vor 13 Jahren gegründet, ist heute der Internet-Pionier an der Börse CHF 115 Mrd. wert. Schätzungsweise eine Billion Suchanfragen dürfte das System von Google im Jahresverlauf verarbeiten. Der Konzern ist mit einem globalen Marktanteil von über zwei Dritteln der führende Suchmaschinenbetreiber. In der westlichen Welt beträgt der Marktanteil über 80%; in der Schweiz über 90%. Der Konzern unterhält die grössten Datenbanken der Welt. Der Schweiz kommt dabei eine besondere Ehre zuteil: In Zürich befindet sich der wichtigste Forschungsstandort ausserhalb der USA. Hier sind Forschungsleiter der Region EMEA (Europe, Middle East, Africa) stationiert. Google Schweiz startete im Jahr 2004 mit zwei Mitarbeitenden, heute sind es über 700. Anfang Jahr hat Google ein weiteres Gebäude bezogen, das Raum für nochmals 300 Mitarbeitende bietet.
Als vor fünf Jahren der in Kalifornien ansässige Konzern entschied, Zürich zu einem zentralen Forschungsstandort auszubauen, waren mehrere Faktoren für diesen Entscheid verantwortlich: Neben der verkehrstechnischen Lage und dem hochqualifizierten Arbeitskräfteangebot spielte offenbar die zuverlässige Stromversorgung eine wichtige Rolle. Dies bestätigte ein Insider der Standortförderungsorganisation Greater Zurich Area (GZA), die massgeblich am Zuzug mitverantwortlich war. Insbesondere dürfte für Google die Option eine Rolle spielen, in der Schweiz das Datacenter massiv auszubauen zu können. Die Datennetzwerke gelten in der modernen Gesellschaft als Lebensnerv des wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Lebens.
Ähnliche Überlegungen dürfte auch das Startup-Unternehmen DeepGreen bewogen haben, in der Schweiz eines der grössten Datacenter zu errichten. Die DeepGreen Datacenter AG will am Walensee CHF 120 Mio. investieren. Das bis vor Kurzem streng geheime Projekt streicht die ökologischen Bestrebungen des Projektes hervor. So soll die Wasserkühlung massiv Strom sparen. Doch das Projekt zeigt zugleich eindrücklich, was auf die Schweiz zukommt: Unter dem Strich soll das Datacenter im Endausbau mit 50 MW Anschlussleistung so viel Strom verbrauchen wie heute der gesamte Kanton Glarus.
In der Rangliste der Elektrizitätsinfrastrukturen des World Economic Forums (WEF) belegt die Schweiz den guten 6. Platz – gemessen am Schnitt der Rangierungen der Jahre 2002 bis 2009. Spitzenplätze belegen jeweils Island und Dänemark. In der Studie «Netzinfrastrukturen – effizient in die Zukunft investieren» schreiben die Autoren der Economiesuisse: «Die schweizerische Stromversorgung weist eine im europäischen Vergleich überdurchschnittlich hohe Versorgungsqualität auf. Mit einer breit abgestützten Infrastruktur, dem Produktionsmix aus Wasserkraft und Kernenergie einerseits und dem dichten Übertragungs- und Verteilnetz andererseits, ist eine technisch hochstehende und wirtschaftliche Versorgung gegeben.» Zweifellos: Die Strombranche trägt direkt und indirekt zur Schaffung und Erhaltung von Arbeitsplätzen hin. Folgerichtig haben jüngst die Vertreter der Schweizer Wirtschaft eindringlich davor gewarnt, die zuverlässige, wettbewerbsfähige, unabhängige und umweltfreundliche Stromversorgung mit übereilten energiepolitischen Entscheidungen aufs Spiel zu setzen. Denn die sichere Stromversorgung zu wettbewerbsfähigen Preisen sei ein zentraler Standortfaktor für die Schweizer Wirtschaft. Dazu brauche es Kernenergie. Bereits heute müsse die Schweiz im Winter über 15% des Stroms aus dem Ausland importieren. Weil sich in Westeuropa gravierende Probleme in der Stromversorgung abzeichnen würden, müsse auch in Zukunft eine weitgehend autonome Versorgung der Schweiz gewährleistet werden. Die Konkurrenzfähigkeit der Schweiz und ihrer Arbeitsplätze, die bereits unter dem hohen Frankenkurs leidet, müsse das zentrale Element der Energiepolitik sein.
Quelle
Hans Peter Arnold