TU Delft: innovative Molybdän-99-Herstellung
Das Reactor Instituut Delft (RID) der niederländischen Technischen Universität Delft (TU Delft) hat ein neuartiges Verfahren zur Herstellung des Radioisotops Molybdän-99 (Mo-99) entwickelt und zum Patent angemeldet. Es kommt mit einem niedrigen Neutronenfluss aus. Heute kann Mo-99 praktisch nur in Hochflussreaktoren erzeugt werden.
Das patentierte Verfahren nutzt als Ausgangsmaterial nicht das natürliche Isotopengemisch des Schwermetalls Molybdän, sondern hoch angereichertes Mo-98. Um daraus Mo-99 herzustellen, genügt der Neutronenfluss eines Neutronengenerators im Labormassstab. Das bisher verwendete natürliche Isotopengemisch besteht nur zu 24,1% aus dem stabilen Isotop Mo-98. Um es durch Neutroneneinfang in radioaktives Mo-99 umzuwandeln, wird ein Kernreaktor mit hohem Neutronenfluss benötigt.
Weiterentwicklung zusammen mit Urenco
Wie der Leiter des RID-Entwicklungsprojekts, Bert Wolterbeek, bei der Bekanntgabe der Patentanmeldung erklärte, würde das neue Verfahren Mo-98-Atome nicht einfach nur zu Mo-99 aktivieren. Die übertragene Energie trenne diese auch vom umgebenden Atomverband ab. Weil sie gut wasserlöslich seien, könne so eine hoch konzentrierte Aufbereitung des Radioisotops hergestellt werden.
Für die weitere Entwicklung bis zur kommerziellen Reife des Verfahrens möchte Bert Wolterbeek mit der Urenco zusammenarbeiten. Diese produziert mit Gaszentrifugen heute schon neben angereichertem Uran eine ganze Palette stabiler Isotope, so auch angereichertes Mo-98.
Grösste Bedeutung für medizinische Diagnostik
Bei der Vorstellung des Patents unterstrich Bert Wolterbeek die Bedeutung des Mo-99 für die medizinische Diagnostik: Es zerfällt mit einer Halbwertszeit von 65,9 Stunden in das angeregte Radioisotop Technetium-99-m (Tc-99-m), dessen Halbwertszeit nur 6 Stunden beträgt. Von diesem Radioisotop werden weltweit jährlich - vor allem für szintigrafische Krebsuntersuchungen in Spitälern - über 40 Millionen Einheiten benötigt. Heute gewinnen die Spitäler das Tc-99-m durch «Melken» von Molybdän-Generatorstäben, in denen vorher durch Bestrahlung in einem Hochflussreaktor Mo-99 erzeugt worden ist.
Mo-99-Versorgung bleibt in Nordamerika …
Weltweit gibt es nur wenige Hochflussreaktoren, die in der Lage sind, genügend Generatorstäbe zu bestrahlen. Die meisten dieser Reaktoren sind schon über 40 Jahre in Betrieb: So fiel letztes Jahr der kanadische NRU in Chalk River mehrere Monate aus. Er bestrahlt die Generatorstäbe für den nordamerikanischen Markt. Prompt wurde Mo-99 in den USA und Kanada knapp. Dennoch sind die Pläne, den NRU durch zwei neue Reaktoren des Maple-Typs zu ersetzen, kürzlich eingestellt worden.
… wie auch Europa prekär
Jetzt zeichnet sich in Europa ein ähnlicher Versorgungsengpass ab: Nachdem im August 2008 bereits das Institut des Radioéléments im belgischen Fleurus wegen übermässigen radioaktiven Abgaben in die Umwelt seinen Betrieb einstellen musste, kam es Mitte September im niederländischen Petten am Hochflussreaktor HFR des Joint Research Centre der EU zu einer ungeplanten Abschaltung wegen Korrosionsproblemen am Reaktortank. Dieser Reaktor versorgt normalerweise ganz Europa mit Generatorstäben. Mit der Wiederinbetriebnahme ist nicht vor November zu rechnen, so dass die europäischen Spitäler jetzt auf Mo-99 aus Kanada, Südafrika und Australien angewiesen sind (Bulletin 5/2007). Nachdem der allseits befürwortete Ersatz des niederländischen HFR nicht vom Fleck kommt, bleibt die Mo-99-Versorgung auch in Europa kritisch.
Neues Verfahren verspricht Abhilfe
Entsprechend optimistisch schätzt die TU Delft die Chancen für ihr Verfahren ein. Neben der höheren Versorgungssicherheit durch eine dezentrale Mo-99-Erzeugung nennt sie als weitere Trümpfe die geringere Menge radioaktiver Abfälle, die bei der Produktion und Nutzung entstehen würden, sowie die Unabhängigkeit von Kernreaktoren und damit von Proliferationsfragen.
Quelle
P.B. nach EurekAlert, Medienmitteilung, 11. September, und NucNet, 17. September 2008
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