Studie: 318 Millionen verlorene Lebensjahre durch Rückgang der Kernenergie nach Tschernobyl
Eine aktuelle Studie aus den USA untersucht die langfristigen Auswirkungen des Tschernobyl-Unfalls auf die globale Energiepolitik und die öffentliche Gesundheit. Im Fokus stehen die politischen und wirtschaftlichen Kräfte, die zum Rückgang der Kernenergie beitrugen. Besonders alarmierend sei der mögliche Verlust von 318 Millionen Lebensjahren weltweit, verursacht durch die erhöhte Nutzung fossiler Brennstoffe infolge des Rückgangs der Kernenergie.
Der Unfall im Kernkraftwerk Tschernobyl im Jahr 1986 habe weitreichende Konsequenzen für die Energiepolitik in vielen Ländern gehabt, insbesondere in demokratischen Staaten. Die Autoren der Studie «The Political Economic Determinants of Nuclear Power: Evidence from Chernobyl» (vorläufige Fassung) kommen zu dem Schluss, dass nach dem Unfall die öffentliche Angst und politische Einflussnahme durch Interessengruppen der fossilen Brennstoffindustrie zu einem signifikanten Rückgang der Investitionen in Kernkraftwerke geführt habe.
In den USA sei nach Tschernobyl ein Anstieg der Wahlkampfspenden aus der fossilen Brennstoffindustrie zu beobachten gewesen, was mit einer vermehrten Ablehnung nuklearbezogener Gesetzesvorlagen im Kongress zusammenhing. «Kampagnenbeiträge aus der fossilen Brennstoffindustrie nahmen nach Tschernobyl zu und standen in Verbindung mit mehr negativen Abstimmungen über Atomgesetze», so die Studie. In Grossbritannien hätten Abgeordnete, die von Bergbaugewerkschaften unterstützt wurden, vermehrt gegen Kernenergie argumentiert.
Die Autoren schätzen, dass der Rückgang der Kernkraftnutzung und die damit verbundene erhöhte Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen zu einem Verlust von 318 Millionen Lebensjahren weltweit geführt haben könnte, davon etwa 141 Millionen in den USA und 33 Millionen im Vereinigten Königreich. In der Studie heisst es: «Der Rückgang der Kernenergie nach Tschernobyl verzögerte die Abkehr von fossilen Brennstoffen, was negative Auswirkungen auf die Luftqualität und die öffentliche Gesundheit hatte.»
Quelle
S.D. nach Alexey Makarin, Nancy Qian und Shaoda Wang: The Political Economic Determinants of Nuclear Power: Evidence from Chernobyl (vorläufige Fassung), 3. Juli 2024