Start zweite Etappe Standortsuche für geologische Tiefenlager
Die erste Etappe der Suche nach geologischen Tiefenlagerstandorten für radioaktive Abfälle in der Schweiz ist abgeschlossen. Der Bundesrat hat am 30. November 2011 den Ergebnisbericht gutgeheissen und entschieden, die sechs von der Nationalen Genossenschaft für die Lagerung radioaktiver Abfälle (Nagra) vorgeschlagenen Standortgebiete in den Sachplan geologische Tiefenlager aufzunehmen. Er hat zudem das Eidgenössische Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (Uvek) beauftragt, Etappe 2 der Standortsuche einzuleiten.
Der vom Bundesrat im April 2008 genehmigte Sachplan geologische Tiefenlager regelt das Auswahlverfahren für solche Lager. Den Ansatz zu diesem Verfahren bildete der Nagra-Vorschlag vom Oktober 2008 mit den sechs potenziellen Standortgebieten Jura Ost (ehemals Bözberg), Jura-Südfuss, Nördlich Lägern, Südranden, Wellenberg und Zürich Nordost (ehemals Zürcher Weinland).
Abschluss von Etappe 1
In Etappe 1 der Standortsuche überprüften die Sicherheitsbehörden und -kommissionen des Bundes, ob sich die vorgeschlagenen Gebiete sicherheitstechnisch für den Tiefenlagerbau eignen. Gleichzeitig wurden raumplanerische Grundlagen erarbeitet und es wurde geklärt, welche Gemeinden von einem geologischen Tiefenlager betroffen sein könnten. Demnach werden 190 schweizerische und 13 deutsche Gemeinden in Etappe 2 an der sogenannten regionalen Partizipation mitwirken.
Sämtliche Ergebnisse aus Etappe 1 wurden im Entwurf des Ergebnisberichts vom 20. August 2010 zusammen mit allen bis dahin vorliegenden Berichten, Gutachten und Stellungnahmen vom 1. September bis 30. November 2010 in die öffentliche Anhörung geschickt. Rund 3700 Einzel- und Sammelstellungnahmen gingen dazu ein, davon 299 aus Deutschland, 7 aus Österreich und 5 aus Frankreich. Aufgrund der Anhörung wurde der Ergebnisbericht zu Etappe 1 überarbeitet, beispielsweise was den langfristigen Schutz der Wirt- und Rahmengesteine betrifft: So wird auf eine generelle Tiefenbeschränkung von 200 Metern für Erdwärmesonden verzichtet, da die Tiefe des zu schützenden Gebirgsbereichs innerhalb der Standortgebiete variiert und differenziert beurteilt werden muss. In verschiedenen Punkten überarbeitet wurde auch die raumplanerische Beurteilungsmethodik für den Standortvergleich in Etappe 2. So wurden die Indikatoren in den Bereichen Mineralquellen und Thermen, Immobilien- und Bodenpreise sowie Tourismus angepasst.
Bundesrat gibt Startschuss zu Etappe 2 der Standortsuche
Mit dem Abschluss von Etappe 1 gibt der Bundesrat den Startschuss für Etappe 2 der Standortsuche. Diese wird gemäss aktueller Planung vier anstatt wie ursprünglich vorgesehen zweieinhalb Jahre dauern. In Etappe 2 werden die sechs Standortgebiete sicherheitstechnisch vertieft untersucht. Es wird zudem für alle Standortregionen eine kantonsübergreifende, vergleichende sozioökonomisch-ökologische Wirkungsstudie durchgeführt (Bulletin 6/2010). Basis dafür bildet die in Etappe 1 erarbeitete raumplanerische Beurteilungsmethodik.
Ein zentraler Bestandteil des Auswahlverfahrens ist die regionale Partizipation. In Etappe 2 nehmen die Standortregionen insbesondere folgende Aufgaben wahr:
- Sie erarbeiten und konkretisieren in Zusammenarbeit mit der Nagra Vorschläge zur Ausgestaltung, Platzierung und Erschliessung der Oberflächeninfrastruktur innerhalb der Planungsperimeter.
- Sie unterstützen das Bundesamt für Energie (BFE) bei der Erarbeitung der sozioökonomisch-ökologischen Wirkungsstudie.
- Sie erarbeiten oder aktualisieren bereits bestehende Strategien, Massnahmen und Projekte für die nachhaltige Entwicklung der jeweiligen Standortregion.
Der frühe und umfassende Einbezug der Behörden, der Bevölkerung und Interessengruppen soll sicherstellen, dass das Verfahren transparent und fair abläuft.
Im Verlauf von Etappe 2 muss die Nagra die Standorte auf mindestens zwei je Abfallkategorie (schwach- und mittelradioaktive Abfälle einerseits, hochradioaktive Abfälle andererseits) einengen. Die definitive Standortwahl erfolgt in Etappe 3, in der das nach Kernenergiegesetz erforderliche Rahmenbewilligungsverfahren eingeleitet wird. Die Rahmenbewilligung erteilt der Bundesrat und das Parlament muss sie genehmigen. Sie untersteht dem fakultativen Referendum.
Neue Expertengruppe geologische Tiefenlager
Gemäss den neuen gesetzlichen Bestimmungen gibt es ab der Legislaturperiode 2012–2015 nur noch vom Bundesrat eingesetzte Kommissionen. Die Kommission Nukleare Entsorgung (KNE), die das Uvek als Subkommission der Eidgenössischen geologischen Fachkommission (EGK) eingesetzt hat, wird daher per Ende 2011 aufgelöst. Ihre Aufgaben im Rahmen der Standortsuche wird ab 2012 die «Expertengruppe geologische Tiefenlagerung» übernehmen. Als Expertengremium wird sie vom Eidgenössischen Nuklearsicherheitsinspektorat (Ensi) eingesetzt und dieses bei erdwissenschaftlichen und bautechnischen Fragen zur geologischen Tiefenlagerung unterstützen.
Quelle
D.S. nach Uvek, Medienmitteilung, 1. Dezember 2011
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