Schweiz: Gesamtnotfallübung 2022 zur Bewältigung eines fiktiven Unfalls im Kernkraftwerk Leibstadt erfolgreich abgeschlossen

Vom 27. bis 29. September haben zahlreiche Organisationen des Bevölkerungsschutzes in der Gesamtnotfallübung 2022 die Bewältigung eines Unfalls im Kernkraftwerk Leibstadt geübt. Ein Fokus der Übung lag auf der Zusammenarbeit zwischen den beteiligten Stellen. Das erste Übungsfazit ist positiv.

29. Sep. 2022
Armeetransport von Material
Die Betreiber der Schweizer Kernkraftwerke haben im aargauischen Reitnau ein zentrales Lager mit Notfallmaterial eingerichtet – in einem ehemaligen Munitionsdepot der Schweizer Armee. Am Dienstag, 27. September 2022, wurde auch der Transport von Notfallmaterial wie Generatoren und Pumpen per Helikopter und Lastwagen der Armee zwischen dem Kernkraftwerk Leibstadt und dem Lager in Reitnau geübt.
Quelle: Bundesamt für Bevölkerungsschutz

Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz (Babs) führt in der Regel alle zwei Jahre abwechselnd mit einem der drei Schweizer Kernkraftwerke eine Gesamtnotfallübung durch. Diese dient der Überprüfung des Notfallschutzes der Kernkraftwerke. In der Übung, die vom 27. bis 29. September 2022 stattfand, trainierten gemäss Babs die für den Notfallschutz zuständigen Organisationen gemeinsam ihre Zusammenarbeit bei einem simulierten, schweren Unfall im Kernkraftwerk Leibstadt.

An der Notfallübung beteiligt gewesen seien die Nationale Alarmzentrale (NAZ), der Bundesstab Bevölkerungsschutz, der kantonale Führungsstab Aargau, das Kernkraftwerk Leibstadt und das Eidgenössische Nuklearsicherheitsinspektorat (Ensi) sowie weitere Stellen in der Schweiz und in Deutschland. Zur Übung hätten auch Helikopterflüge in der Nähe des Kernkraftwerks sowie der Einsatz von Messequipen, vor allem im Kanton Aargau gehört.

Übungsprogramm auf verschiedene Formen der Zusammenarbeit ausgelegt
Am ersten Übungstag sei «ein anspruchsvolles, rasch ablaufendes Szenario mit einer simulierten Freisetzung von Radioaktivität aus dem Kernkraftwerk Leibstadt» auf dem Programm gestanden, so das Babs. Die übenden Notfallschutzorganisationen hätten «in enger Zusammenarbeit […] die betroffenen Gebiete und die notwendigen Schutzmassnahmen bestimmen sowie deren Umsetzung koordinieren» müssen.

Laut Babs wurden «erstmals in einer Gesamtnotfallübung […] in Echtzeit fiktive Messwerte generiert, so dass die Notfallschutzorganisationen ihre Ausbreitungsrechnungen mit (simulierten) Messwerten abgleichen und auf Abweichungen reagieren mussten». Die fiktiven Messwerte seien zusammen mit dem deutschen Bundesamt für Strahlenschutz berechnet worden. Im Bereich der Information der Bevölkerung habe es erstmals simulierte Alertswiss-Meldungen gegeben.

Am zweiten und dritten Tag habe es unter anderem eine Table-Top-Übung* und thematische Workshops gegeben, an denen insbesondere Stellen des Bundes, der Kantone und Stellen aus Deutschland und Frankreich beteiligt gewesen seien. Gemäss Babs sind dabei «verschiedene Teilaspekte der längerfristigen Ereignisbewältigung simuliert worden». Zu den behandelten Themen habe die Durchführung von Evakuierungen und die internationale Zusammenarbeit gehört. «Solche Formate erlauben es, Planungen weiterzuentwickeln und besser aufeinander abzustimmen», so das Babs.

Koordinierter Einsatz von Messequipen des Bundes, der Kantone und weiterer Stellen
Parallel dazu hätten die Probenahme- und Messorganisation ihre Einsatzprozesse trainiert. Dabei seien mobile Messsonden, Messequipen und Laborkapazitäten eingesetzt worden, um in einem durch das Übungsszenario definierten Gebiet ein genaues Bild der radiologischen Lage zu erhalten. «Solche detaillierten Informationen sind in einem echten Fall notwendig, um Schutzmassnahmen für die Bevölkerung möglichst gezielt und an die jeweilige Situation angepasst anzuwenden», erklärte das Babs. Unter der Führung der Nationalen Alarmzentrale würden in der Messorganisation zivile und militärische Mittel des Bundes, der Kantone, von Forschungsinstitutionen und Kernanlagen koordiniert eingesetzt.

Übungsziele erreicht, detaillierte Auswertung folgt noch
«Gemäss einem ersten Fazit der Übungsleitung wurden die Übungsziele erreicht und das Funktionieren der prinzipiellen Notfallschutzprozesse nachgewiesen», verkündete das Babs nach Abschluss der Übung. Die detaillierten Resultate würden nun ausgewertet. «Neue Erkenntnisse und Optimierungspotential werden in einem Schlussbericht dokumentiert», so das Babs.

*Eine Table-Top-Übung (auch Planübung genannt) dient zum Testen der theoretischen Fähigkeit einer beübten Gruppe, auf eine Katastrophensituation zu reagieren.

Quelle

B.G. nach Bundesamt für Bevölkerungsschutz (Babs), Medienmitteilungen, 22. und 29. September 2022

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