Russlands Nuklearsektor wird reorganisiert

Der von der russischen Regierung angestrebte energie- und nuklearpolitische Wandel nimmt Schritt für Schritt Formen an.

13. Aug. 2000

Die gesetzlichen Voraussetzungen sollen durch Änderung der Nuklear- und Umweltgesetzgebung geschaffen werden. Die Regierung hat eine entsprechende Vorlage dem Parlament jetzt erneut vorgelegt. Sie soll es erlauben, künftig wieder bestrahlten Brennstoff zur Lagerung und Wiederaufarbeitung zu importieren.
Das Ministerium für Atomenergie (Minatom) rechnet mit Milliardeneinkünften aus diesen Dienstleistungen. Wie der Erste Stellvertretende Vorsteher des Minatoms, Valentin Iwanow, Mitte Juli in Moskau verlauten liess, könnten durch die Einfuhr von 20'000 t bestrahltem Brennstoff zur Lagerung und Wiederaufarbeitung in den kommenden 10-15 Jahren Deviseneinkünfte von bis zu US$ 21 Mrd. erzielt werden. Allein mit den zu erwartenden Anzahlungen von US$ 2 Mrd. wäre das Minatom in der Lage, die bestehenden Lager nachzurüsten und auszubauen. 35% der Einkünfte würde das Minatom dafür aufwenden, die Umweltprobleme in der Umgebung der Anlagen "und in ganz Russland" zu lösen. "Das ist das Wesentliche am Projekt - aus den bestehenden Problemen nicht ein Drama zu machen, sondern sie zu lösen," kommentierte Iwanow diese Pläne. Die ersten 200 t der importierten Brennstoffe würden in das bestehende Nasslager Krasnojarsk verbracht. Am gleichen Standort würde sodann eine Lagerkapazität von 3000 t zugebaut. Auch das Transportsystem würde modernisiert. Das Minatom beabsichtigt ebenfalls, Trockenlager zu errichten, die ständig überwacht würden. Der Abfall schliesslich soll in geologischen Formationen oder kontrolliert in Behältern eingelagert werden. Als Rückstellung für die Endlagerung sollen von den geplanten Einkünften rund 10% inflationssicher zurückgestellt werden. Die Zinsen würden laut Iwanow ausreichen, um den Lagerbetrieb zu finanzieren.
Aus verzinslichen Rückstellungen will das Minatom künftig auch den Bau neuer Kernkraftwerke finanzieren. Bis 2030 soll die Kernkraftwerkskapazität Russland laut Minatom-Planung verdreifacht werden. Zur Zeit wird für neue Einheiten auf jeder verkauften Kilowattstunde der Gegenwert eines halben US-Cent erhoben. In der ersten Jahreshälfte 2000 lieferten die Kernkraftwerke Russlands 66,9 Mrd. kWh. Das sind 10% mehr als in der Vergleichsperiode des Vorjahrs. Der Nuklearanteil bei der Stromproduktion stieg damit auf 15,5%.
Noch dieses Jahr will das Minatom eine neue Betriebsgesellschaft für alle Kernkraftwerke des Landes schaffen. Sie soll die Vermarktung der gesamten erzeugten elektrischen Energie zentral übernehmen. Mit der einheitlichen Betriebsgesellschaft erhofft sich das Minatom, bessere Finanzierungsbedingungen für den Bau der neuen Kernkraftwerke zu schaffen. Heute arbeiten die neun Kernkraftwerke als wirtschaftlich unabhängige Körperschaften. Acht sind Tochtergesellschaften der Kernkraftwerksgesellschaft Rosenergoatom; das neunte - Sosnowy-Bor (Leningrad) - ist selbständig. Die erzeugte Energie wird teils von der Rosenergoatom und teils direkt von den Kraftwerken vermarktet, die damit untereinander konkurrieren.

Quelle

P.B. nach NucNet, 18. und 29. Juli sowie 14. August 2000

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