Neue NEA-Studie zu Finanzierungsstrategien

Der Ausbau von Investitionen in die Kernenergie ist eine der grössten Herausforderungen für OECD- und NEA-Länder, die den Bau neuer Kernkraftwerke planen. Der Bericht der Nuclear Energy Agency (NEA) «Effective Frameworks and Strategies for Financing Nuclear New Build» bietet einen umfassenden Überblick über globale Finanzierungsstrategien und schafft eine Grundlage für den Vergleich verschiedener Ansätze. Er identifiziert anhand von acht Fallstudien die Vor- und Nachteile dieser Strategien und die wesentlichen «Bausteine», die politische Entscheidungsträger und der private Sektor nutzen können, um bis 2050 eine Verdreifachung der Kernenergiekapazitäten zu erreichen.

24. Sep. 2024

Die grössten Herausforderungen für neue Kernkraftprojekte, insbesondere in OECD- und NEA-Ländern, liegen in der Finanzierung, den Lieferketten und der Verfügbarkeit von Arbeitskräften. Vergangene Projekte mit Kostenüberschreitungen und Verzögerungen sowie die Liberalisierung der Energiemärkte erschweren diese Finanzierung zusätzlich.

Acht Fallstudien
«Effective Frameworks and Strategies for Financing Nuclear New Build» beinhaltet acht Fallstudien, deren Ziel es ist, die relativen Vorzüge der verschiedenen Finanzierungsansätze zu analysieren.

Die Fallstudien umfassen drei bereits in Betrieb stehende Projekte (Olkiluoto-3 in Finnland, Vogtle-3 und -4 in den USA, Barakah in den Vereinigten Arabischen Emiraten), zwei in Bau befindliche Projekte (Akkuyu in der Türkei, Hinkley-Point-C in Grossbritannien), ein Projekt mit finalem Investitionsentscheid, bei dem der Bau noch nicht begonnen hat (Paks-II in Ungarn), und zwei Projekte, die noch auf einen endgültigen Investitionsentscheid warten (Sizewell-C in Grossbritannien und Dukovany in Tschechien).

Die Projekte decken verschiedene Ansätze zur Finanzierung von Kernkraftwerken ab, die unterschiedliche politische Massnahmen und Finanzierungsquellen kombinieren. Sie lassen sich in vier Hauptkategorien einteilen:

  1. Regulierte Einnahmen: Bei Akkuyu, Barakah, Dukovany und Hinkley-Point-C basieren die Finanzierungen auf Mechanismen zur Regulierung der Einnahmen, beispielsweise durch Stromabnahmeverträge oder ein Differenzvertrag (bei Hinkley-Point-C).
  2. Kostendeckungsbasis: Vogtle-3 und -4 sowie Sizewell-C setzen auf spezifische regulierte Rahmenbedingungen für die Rückgewinnung von Baukosten. Vogtle wird über Baukosten-Rückgewinnungsregelungen finanziert, während Sizewell-C das Regulated Asset Base (RAB)-Modell umsetzen soll.
  3. Kooperatives Modell: Olkiluoto-3 in Finnland nutzt das Mankala-Modell, bei dem die erzeugte Elektrizität zu Produktionskosten an die Aktionäre des Unternehmens verkauft wird.
  4. Lieferantenfinanzierung: Bei Paks-II in Ungarn basiert die Finanzierung hauptsächlich auf einer Lieferantenfinanzierung, bei der 80% der Kosten durch Schulden vom Lieferland (Russland) gedeckt werden.

Der Bericht liefert Erkenntnisse über verschiedene Finanzierungsmodelle für neue Kernkraftwerksprojekte. Es werden mehrere Schlüsselaspekte hervorgehoben, die bei der Gestaltung solcher Finanzierungsrahmen berücksichtigt werden sollten:

  1. Finanzierungsmodelle sind stark vom nationalen und industriellen Kontext abhängig: Die Finanzierungsrahmen müssen an den jeweiligen politischen und industriellen Kontext angepasst werden. Ein Modell, das in einem Land erfolgreich ist, wie beispielsweise das RAB-Modell in Grossbritannien oder das Mankala-Modell in Finnland, kann nicht ohne Weiteres auf andere Länder übertragen werden, ohne die spezifischen Rahmenbedingungen zu berücksichtigen.
  2. Finanzierungsmodelle können keine strukturellen Planungsfehler beheben: Eine langfristige nationale Verpflichtung zur Kernenergie und eine solide Projektplanung im Vorfeld sind entscheidend. Finanzierungsprobleme allein führen oft nicht zum Scheitern eines Projekts, sondern decken oft tiefer liegende strukturelle Probleme auf.
  3. Risikominderung beim Bau ist entscheidend: Risiken wie Bauverzögerungen und Kostenüberschreitungen sind die grössten Herausforderungen. Eine klare Risikoverteilung vor und während des Baus ist wichtig. Dabei tragen letztlich Verbraucher oder Steuerzahler die Hauptlast, insbesondere bei seltenen, aber folgenschweren Risiken. Eine gerechte Risikoverteilung kann zudem die Finanzierungskosten senken, wovon die Verbraucher durch niedrigere Strompreise profitieren könnten.
  4. Angleichung der Interessen der Beteiligten: Es ist wichtig, dass die Interessen aller beteiligten Akteure, wie Regierungen, Investoren und lokale Gemeinschaften, im Einklang stehen. Eine klare Risikoverteilung sollte stets das Ziel verfolgen, durch transparente und verantwortungsbewusste Entscheidungen den Erfolg des Projekts zu gewährleisten.

Laut NEA-Bericht sind diese Prinzipien entscheidend für die erfolgreiche Umsetzung von Kernenergieprojekten und sollten bei der Entwicklung von Finanzierungsmodellen im Fokus stehen.

Quelle

M.A. nach NEA, Bericht «Effective Frameworks and Strategies for Financing Nuclear New Build», 18. September 2024

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