Mo-99-Produktion: Maria springt für HFR ein
Der polnische Forschungsreaktor Maria konnte seinen Arbeitsplan rasch umstellen, um auf einen Engpass an medizinischem Isotop Molybdän-99 (Mo-99) zu reagieren, der auf eine Störung im Hochflussreaktor (HFR) in den Niederlanden zurückzuführen ist.
Die Nuclear Research & Consultancy Group (NRG) gab am 21. Januar 2022 bekannt, dass bei einer Inspektion ein «technischer Defekt» in einem Kühlsystem des HFR in Petten entdeckt wurde. Der Reaktor konnte daher nicht wie geplant am 20. Januar wieder angefahren werden. NRG – einer der wenigen Molybdän-Lieferanten der Welt – konnte noch keine Angaben darüber machen, wann der Reaktor wieder betriebsbereit sein wird.
Nuclear Medicine Europe (NMEU) – der europäische Industrieverband für Nuklearmedizin und molekulare Medizin – wurde laut NRG sofort informiert, damit die Versorgung mit medizinischen Isotopen durch andere Hersteller aufrechterhalten werden kann. Der polnische Forschungsreaktor Maria konnte so bereits am 21. Januar die Produktion von Mo-99 übernehmen. Laut dem polnischen National Centre for Nuclear Research (NCBJ) verfügt Maria über eine grosse Vielseitigkeit zur Kernkonfiguration. «Eine detaillierte Berechnung der Kernanordnung wurde vor Ort durchgeführt und von der polnischen Atomaufsichtsbehörde genehmigt. All dies wurde innerhalb weniger Stunden arrangiert», meldete das Forschungszentrum. Eine derart kurzfristige Reaktion sei möglich gewesen, weil Maria seit 2010 für die Bestrahlung von Targets zur Mo-99-Produktion vorbereitet sei. Jedes Jahr würden mehrere Zyklen durchgeführt, und für den Fall ungeplanter Ausfälle bei den Hauptlieferanten könne Maria die Produktion kurzfristig aufstocken.
Der Forschungs- und Versuchsreaktor Maria – eine 30-MW-Hochfluss-Schwimmbadeinheit in Otwock-Świerk, rund 30 km südöstlich von Warschau – wurde zunächst von 1975 bis 1985 betrieben, bevor er für eine vollständige Neuauslegung abgeschaltet wurde. Seit seiner Wiederinbetriebnahme 1993 ist er praktisch ununterbrochen verfügbar. Er hat derzeit eine Betriebsgenehmigung bis 2025, soll aber mindestens bis 2030 in Betrieb bleiben.
Mo-99 wird weltweit nur in einer begrenzten Anzahl von Forschungsreaktoren hergestellt. Der 45-MW-HFR, der von NRG im Auftrag der Gemeinsamen Forschungsstelle der EU (JRC) betrieben wird, deckt etwa 60% der europäischen und 30% der weltweiten Nachfrage nach medizinischen Radioisotopen für die Diagnose und Behandlung verschiedener Krankheiten. Etwa 30’000 Patienten sind täglich auf medizinische Isotope aus den Niederlanden angewiesen.
Quelle
M.A. nach NRG, Medienmitteilungen, 21. und 25. Januar 2022, sowie NVBJ, Medienmitteilung, 25. Januar 2022
Verwandte Artikel
Modernisierung des polnischen Forschungsreaktors im Hinblick auf Langzeitbetrieb
21. Juli 2023•NewsWales: Pläne für nuklearmedizinisches Labor
18. Jan. 2023•NewsRadioisotopenproduktion: Wiederinbetriebnahme des Forschungsreaktors Petten
23. März 2022•NewsFinanzierung der Isotopenproduktionsanlage in den Niederlanden steht
9. Feb. 2022•NewsNRG und Pallas spannen zusammen
12. Feb. 2021•NewsPolnischer Forschungsreaktor als neuer Radioisotopenproduzent
23. Feb. 2010•News