Italien: Edison-Strategie fordert Kernenergienutzung bis 2040, und das Land erwägt eine Kehrtwende

Das führende italienische Energieunternehmen Edison hat angekündigt, dass es zwischen 2030 und 2040 zwei Kernkraftwerke auf der Grundlage der kleinen, modularen Reaktortechnologie von Électricité de France (EDF) errichten will, falls die Voraussetzungen für die Rückkehr der Kernenergie nach Italien geschaffen werden.

13. Okt. 2023
Das stillgelegte Kernkraftwerk Trino in Italien
Italien nahm 1990 das letzte Kernkraftwerk vom Netz. Mit der Energiekrise kommt ein Umdenken.
Quelle: Sogin

Edison, das sein 140-jähriges Bestehen feiert, erklärte, dass es sein EBITDA bis 2030 auf EUR 2,0 bis EUR 2,2 Mrd. verdoppeln wolle, ausgehend von EUR 1,1 Mrd. im Jahr 2022. Dieses Ziel soll durch eine wesentliche Veränderung des Industrieportfolios erreicht werden, die dazu führt, dass 70% des EBITDA auf direkte Null- oder Fast-Null-Emissionsaktivitäten entfallen, verglichen mit durchschnittlich 35% in den letzten drei Jahren. Edison fügte hinzu, dass in seinem Geschäftsportfolio 2030 die emissionsfreie Stromerzeugung mehr als 45% der Rentabilität der Gruppe ausmachen werde.

Bis 2040 will Edison 90% seines Stromerzeugungsmix durch den Einsatz erneuerbarer Energien und neuer Technologien wie CO2-Abscheidung und möglicherweise neuer Kernenergie dekarbonisiert haben. Edison geht davon aus, dass sein CO2-Emissionsfaktor von 293 Gramm pro Kilowattstunde im Jahr 2022 auf 190 g/kWh im Jahr 2030 und 50 g/kWh im Jahr 2040 sinken wird, wobei gleichzeitig die absoluten Emissionen reduziert werden.

«Mit Blick auf das Jahr 2040 ist Edison davon überzeugt, dass die Kernenergie eine Schlüsselrolle bei der Erreichung der EU-Ziele für die Kohlenstoffneutralität spielen wird, da sie in der Lage ist, das Stromsystem zu stabilisieren und die Schwankungen der erneuerbaren Energiequellen auszugleichen», so das Unternehmen.

«Die Kernenergie ist eine der Erzeugungsquellen mit den geringsten CO2-Emissionen, die einen geringen Flächenbedarf im Verhältnis zur installierten Leistung gewährleistet und eine optimale Programmierbarkeit der Produktion ermöglicht. Darüber hinaus kann die neue SMR-Technologie sowohl für die Strom- als auch für die Wärmeerzeugung eingesetzt werden und damit sehr flexibel auf die Bedürfnisse energieintensiver Bezirke und Gebiete reagieren.» Edison habe den Ehrgeiz, neue Nuklearprojekte zu entwickeln, wenn die Bedingungen für die Rückkehr der Kernenergie nach Italien geschaffen werden, so das Unternehmen weiter. Insbesondere wolle «Edison zwischen 2030 und 2040 zwei Kernkraftwerke mit einer Leistung von je 340 MW basierend auf der SMR-Technologie bauen und dabei die ausgeprägten technologischen Kompetenzen des Aktionärs EDF nutzen».

Im März 2023 hatten Edison, EDF (Mehrheitseigentümerin von Edison) sowie Ansaldo Energia und Ansaldo Nucleare eine Absichtserklärung unterzeichnet, um eine potenzielle industrielle Zusammenarbeit bei der Entwicklung der Kernenergie in Europa, einschliesslich Italiens zu prüfen. Zu diesem Zeitpunkt erklärten die Partner, dass sie das Potenzial für die Entwicklung und den Einsatz neuer Kernkraftwerke, insbesondere im Bereich der kleinen, modularen Reaktoren, in Italien «angesichts des wachsenden Bedarfs an Energieversorgungssicherheit und Unabhängigkeit des italienischen Stromsystems» evaluieren würden.

Italien prüft Rückkehr zur Kernenergie
Italien war nach dem Reaktorunfall von Tschernobyl aus der Atomenergie ausgestiegen. Die letzten Kernkraftwerke gingen nach einer Volksabstimmung 1990 vom Netz. 2011 bestätigte ein weiteres Referendum den Ausstieg. Angesichts der Energiekrise erwägt die Regierung nun einen Wiedereinstieg und sie hat die Nationale Plattform für nachhaltige Kernenergie ins Leben gerufen. Diese soll innerhalb von neun Monaten Leitlinien für einen möglichen Wiedereinstieg in die Kernenergie als nationale Energiequelle entwickeln.

«Wir wollen zuerst die Kohle abschaffen, dann das Erdöl, und Gas einsparen, bis die erneuerbaren Energien so weit entwickelt sind, dass sie 2050 kohlenstoffneutral sind», sagte Umweltminister Gilberto Pichetto Fratin. Langfristig werde die Nachfrage nach Energie jedoch so gross sein, dass auf Quellen zurückgegriffen werden müsse, die im Gegensatz zu den neuen erneuerbaren Energien eine kontinuierliche Energieversorgung gewährleisten. So wie die Kernkraft, fügte er hinzu.

Die Regierung schliesst den Einsatz leistungsstarker Kernkraftwerke der dritten Generation aus, prüft jedoch neue, sichere und innovative Nukleartechnologien wie SMRs und Kernreaktoren der vierten Generation.

Quelle

M.A. nach Edison, Medienmitteilung, 4. Oktober 2023 und Euractiv, 22. September 2023

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