IER: deutsche Energiewende ein «Desaster»

Deutschlands Energiewende führt zu einer unsicheren Energieversorgung und beeinträchtigt die Wirtschaft des Landes. Zu diesem Schluss ist das Institute of Energy Research (IER) in einem Meinungsartikel gekommen.

22. Nov. 2019

Deutschland plant, alle seine Kernkraftwerke bis 2022 und seine Kohlekraftwerke bis 2038 zugunsten erneuerbarer Energien – vor allem fluktuierender Wind- und Solarenergie – vom Netz zu nehmen, was die Strompreise in die Höhe treibt und das Stromnetz ins Wanken bringt, so das IER.

«Wenn Deutschland weiterhin sowohl Kohle als auch Kernenergie aus dem Verkehr zieht, verliert es umgerechnet 43% der 2018 gesicherten Stromerzeugung», sagte das IER. Die deutschen Strompreise lägen bereits 45% über dem europäischen Durchschnitt und betrügen das Dreifache des amerikanischen Durchschnitts. Ökosteuern machten nun bereits 54% der Strompreise der privaten Haushalte aus.

Trotz dieser Probleme habe Deutschland einen neuen Plan, um seine rückständigen Klimaverpflichtungen zu erfüllen, so das IER. Deutschlands 100-Milliarden-Euro-Klimapaket sieht höhere Kraftstoffpreise für Verbraucher, 7–10 Mio. Elektroautos bis 2030, ein Netz von einer Million Ladestationen, eine Luftverkehrssteuer, günstigere Bahntickets sowie mehr Photovoltaikanlagen und Windturbinen vor.

2018 stiess Deutschland 866 Mio. Tonnen Kohlendioxid aus, 15% mehr als das Ziel von 750 Mio. Tonnen bis 2020. Wenn sich die Emissionsreduzierungen im gleichen Tempo fortsetzen wie in den letzten zehn Jahren, so würde Deutschland laut IER seine Kohlendioxidemissionsziele von 2020 erst acht Jahre später und die Ziele für 2030 erst 2046 erreichen. Das neue Klimaschutzgesetz, das die deutsche Regierung im Herbst 2019 verabschiedet hat, soll sicherstellen, dass Deutschland bis 2030 rund 55% Treibhausgase im Vergleich zu 1990 einspart. Derzeit hinkt die Bundesrepublik ihren Zielen hinterher und hat erst knapp 30% erreicht.

Gemäss IER sind «radikale Änderungen» erforderlich, um das Stromsystem zu verbessern: Der Bau von Übertragungsleitungen müsste acht Mal schneller erfolgen als derzeit, neue Reservekraftwerke müssten gebaut und Instrumente zur Steuerung des Strombedarfs installiert werden, was die Strompreise noch mehr in die Höhe treiben würden.

Das Fazit des IER ist ernüchternd: «Das deutsche Energiesystem ist ein Desaster, da sichere Kernenergie- und Kohlekraftwerke abgeschaltet werden und zunehmend auf intermittierende Wind- und Sonnenenergie zurückgegriffen wird. Der neue Klimaplan des Landes wird das Problem nur verschärfen und die Preise erhöhen, was sich letztendlich auf seine Wirtschaft auswirken wird. Deutschlands ‹Grüner Traum› wird für die Verbraucher zu einem Albtraum, für politisch vernetzte Industrien und die zunehmend aufdringliche Regierung jedoch zu einer Goldgrube.»

Nach dem Unfall von Fukushima-Daiichi 2011 hatte Deutschland beschlossen, den Kernkraftwerksparks des Landes bis 2022 stillzulegen. In Deutschland sind derzeit nur noch sieben Kernkraftwerkseinheiten in Betrieb. Im Jahr 2011 waren es 17. Laut Angaben der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEO) wurden bis heute 29 Einheiten endgültig stillgelegt.

Anfang dieses Jahres hatten mehrere hochkarätige deutsche Industrielle argumentiert, die Entscheidung der Regierung, die Kernenergie aus dem Verkehr zu ziehen, sei ein Fehler gewesen. Einer von ihnen war der Vorsitzende des Volkswagen-Konzerns, Herbert Diess, der in einem Interview mit dem deutschen Tagesspiegel sagte: «Wenn uns der Klimaschutz wichtig ist, sollten die Kernkraftwerke länger laufen.» Um in der europäischen Energie- und Klimapolitik an vorderster Front zu bleiben, müsse Deutschland laut einem Leitartikel der Zeitung «Die Welt» vom August zumindest auf absehbare Zeit für alle kohlenstoffarmen Technologien einschliesslich der Kernenergie offen sein.

Das IER

Das IER ist eine in Washington DC ansässige gemeinnützige Organisation, die Untersuchungen und Analysen zu den Funktionen, Abläufen und zur staatlichen Regulierung der globalen Energiemärkte durchführt.

Quelle

M.A. nach IER, «Germany’s Energy Plan Is Leading to Insecure Supply», 17. Oktober 2019

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