Grossbritannien: Netto-Null-Strategie mit Kernkraft

Grossbritannien wird bis zum Ende der Legislaturperiode einen endgültigen Investitionsentscheid für ein leistungsstarkes Kernkraftwerk treffen – möglicherweise im Jahr 2024, falls es zu Neuwahlen kommt. Zudem plant sie, einen mit GBP 120 Mio. ausgestatteten «Future Nuclear Enabling Fund» einzurichten, um künftige Nukleartechnologien einschliesslich kleiner, modularer Reaktoren (Small Modular Reactors, SMR) zu unterstützen.

22. Okt. 2021
Energieminister Greg Hands erläutert die Netto-Null-Strategie der Regierung im britischen Unterhaus.
Energieminister Greg Hands erläutert die Netto-Null-Strategie der Regierung im britischen Unterhaus.
Quelle: YouTube-Video vom 19.10.2021

In einer am 19. Oktober 2021 veröffentlichten Netto-Null-Strategie erklärte die britische Regierung, der geplante Fonds namens «Future Nuclear Enabling Fund» werde gezielt Entwicklung und Einsatz neuer Reaktortechnologien unterstützen. Die Einzelheiten des Fonds sollen 2022 zusammen mit einem Fahrplan für dessen Einführung bekannt gegeben werden. Der Fonds werde dazu beitragen, «Möglichkeiten für künftige Nukleartechnologien einschliesslich SMR an mehreren potenziellen Standorte, darunter Wylfa in Nordwales, offen zu halten», sagte die Regierung. In der Netto-Null-Strategie heisst es weiter, die Regierung werde auch Massnahmen ergreifen, um in der nächsten Legislaturperiode Investitionsentscheide für weitere Nuklearprojekte zu treffen.

Die Strategie sieht vor, dass Grossbritannien bis 2035 – vorbehaltlich der Versorgungssicherheit – vollständig mit sauberem Strom versorgt wird. Der Grossteil des Stroms soll aus den Windparks in der Nordsee oder aus hochmodernen britischen Kernkraftwerken stammen. Dies werde «die Anfälligkeit des Landes für plötzliche Preissteigerungen, die durch schwankende internationale Märkte für fossile Brennstoffe verursacht werden, verringern».

Laut Netto-Null-Strategie wird Grossbritannien ein neues Finanzierungsmodell für Nuklearprojekte gesetzlich verankern. Dies bezieht sich auf das Regulated-Asset-Base-Modell (RAB). Dieses Finanzierungsmodell wird bereits bei grossen Infrastrukturprojekten wie dem Bau des Terminals 5 beim Flughafen Heathrow angewendet und soll auf Nuklearprojekte ausgedehnt werden. Die Gesetzgebung zur RAB-Finanzierung soll in den kommenden Wochen vom Parlament beraten werden.

Tom Greatrex, CEO der Nuclear Industry Association (NIA), zeigte sich erfreut über die geplante Netto-Null-Strategie und erklärte: «Wir begrüssen es sehr, dass die Regierung neue Mittel für die Entwicklung von Nuklearprojekten bereitstellt und beabsichtigt, Sizewell C zu einem endgültigen Investitionsentscheid zu bringen. Wir müssen schnell investieren, um das Stromnetz bis 2035 zu sanieren und unsere Versorgungssicherheit zu gewährleisten. Deshalb freuen wir uns darauf, dass die Einzelheiten dieses neuen Fonds, die Gelder für die Entwicklung von Kernkraftwerken und die Rechtsvorschriften für die RAB-Finanzierung bald bekannt gegeben werden.»

Klimakonferenz in Glasgow

Die britische Regierung wird ihre Netto-Null-Strategie an der Weltklimakonferenz der Vereinten Nationen als Grossbritanniens zweite langfristige Strategie zur Verringerung der Treibhausgasemissionen im Rahmen des Pariser Abkommens vorlegen. Der erste britische Net Zero Research and Innovation Framework, der die Umsetzung der Netto-Null-Strategie unterstützen wird, wurde ebenfalls am 19. Oktober 2021 veröffentlicht. Dieser Rahmen legt die wichtigsten vorrangigen Netto-Null-Forschungs- und Innovationsbereiche für Grosbritannien in den nächsten fünf bis zehn Jahren fest. Zusammen mit der Netto-Null-Strategie stellen die Berichte einen langfristigen Plan für die grüne Wirtschaft dar, über den die Regierung Bericht erstatten wird.

Hohe öffentliche Akzeptanz

Die Veröffentlichung der Netto-Null-Strategie folgt auf eine neue YouGov-Umfrage, die zeigt, dass 65% der britischen Öffentlichkeit der Meinung sind, dass die Kernenergie in der Klimaschutzstrategie des Landes eine Rolle spielen sollte. Ein Drittel davon möchte, dass die Kernenergie bei den Bemühungen Grossbritanniens, die Stromerzeugung kohlenstoffarm oder kohlenstrofffrei zu machen, eine wichtige Rolle einnimmt – gleichberechtigt mit den Erneuerbaren wie Sonne und Wind. 12% der Befragten sind gegen die Kernenergie zur Stromerzeugung.

Quelle

M.A. nach Department for Business, Energy & Industrial Strategy und NIA, Medienmitteilungen, 19. Oktober 2021, und YouGov, 18. Oktober 2021

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