Frankreich: Senat mit grosser Mehrheit für beschleunigten Bau neuer Kernkraftwerkseinheiten
Der französische Senat hat in erster Lesung mit grosser Mehrheit einem Gesetzesentwurf zugestimmt, der den beschleunigten Bau neuer Kernreaktoren zum Ziel hat. Um keine Zeit zu verlieren, sollen bürokratische Hürden abgebaut werden. Auch soll der Anteil des Nuklearstroms am Strommix Frankreichs bis 2035 nicht mehr von 70 auf 50% reduziert werden – ältere Reaktoren sollen weiterlaufen.
In erster Lesung hat der französische Senat – das Oberhaus des französischen Parlaments – am 24. Januar 2023 mit grosser Mehrheit einen Gesetzestext zur Beschleunigung des Baus neuer Kernreaktoren mit 239 gegen 16 Stimmen angenommen. Den Gesetzesentwurf hatte die französische Ministerin für die Energiewende, Agnès Pannier-Runacher, bereits am 2. November 2022 dem Ministerrat vorgelegt.
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron forderte Anfang 2022 die Wiederbelebung des kommerziellen Nuklearprogramms des Landes und kündigte den Bau von bis zu 14 neuen Kernkraftwerkseinheiten an. «Es geht darum, keine Zeit zu verlieren», unterstrich Pannier-Runacher in den Diskussionen zum Gesetzestext die Dringlichkeit des Vorhabens. Gemäss der Website des Senats soll der Gesetzestext es ermöglichen, Hindernisse für die Wiederbelebung der Kernenergie in Frankreich aufzuheben.
Vor allem sollen Verwaltungsverfahren für Genehmigungen zum Bau von Kernreaktoren vereinfacht werden: Gemäss Gesetzesentwurf sollen zukünftig keine kommunalen Genehmigungen mehr nötig sein, da der französische Staat über die Einhaltung der Standards wachen werde. Für Ministerin Pannier-Runacher war es wichtig festzuhalten: «Dies bedeutet nicht, dass die Sicherheit, der Schutz der Artenvielfalt oder die öffentliche Mitsprache eingeschränkt werden.»
Ebenfalls hat ein Regierungssprecher im November 2022 verkündet, dass gewisse Prozesse künftig auch parallel zueinander laufen könnten, um Jahre an Zeit bei Neubauprojekten zu sparen. Presseartikel erklären das nun damit, dass nach dem geplanten Gesetz bereits an Nebengebäuden eines Reaktors gebaut werden könne, während die öffentliche Diskussion über das Bauvorhaben noch laufe.
Ältere Kernreaktoren sollen nicht stillgelegt und neue Reaktoren sollen gebaut werden
Frankreich, das rund 70% seines Stroms aus Kernkraftwerken bezieht, beschloss 2015 unter dem damaligen Präsidenten François Hollande, 14 seiner 58 Reaktoren abzuschalten und dadurch den Anteil des Nuklearstroms auf 50% zu verringern. Bisher wurden im Elsass die beiden Kernkraftwerkseinheiten Fessenheim-1 (am 22. Februar 2020) und Fessenheim-2 (am 29. Juni 2020) stillgelegt. Am Dienstag legten die Senatorinnen und Senatoren fest, dass das Dekret mit der vorgesehenen Stilllegung der übrigen zwölf Reaktoren zu überprüfen sei.
Der Energieversorger Électricité de France (EDF) plant den Bau von insgesamt sechs EPR2, wobei es sich um eine modernisierte Version des Druckwasserreaktors des Typs EPR handelt. Als Standorte für jeweils zwei Einheiten schlug das Unternehmen im Juli 2022 «in dieser Reihenfolge – Penly, Gravelines und Bugey oder Tricastin vor». Gemäss Medienberichten soll Pannier-Runacher bei einer Anhörung des Senats vor wenigen Tagen erklärt haben, dass das ehrgeizige Zeil sei, bei der ersten Kernkraftwerkseinheit den ersten Beton bereits 2027 zu giessen und dass die Inbetriebnahme zwischen 2035 und 2037 erfolgen soll.
Als nächster Schritt geht das Gesetz im März 2023 in die Nationalversammlung – das Unterhaus des französischen Parlaments –, die ebenfalls noch Änderungen am Gesetzestext vornehmen kann. Bis zum 2. Juli 2023 wird zudem das nächste Energiegesetz Frankreichs erwartet, in dem Ziele für die Dekarbonisierung festgelegt werden und in welchem die grossen Leitlinien der Energiepolitik stehen.
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