Frankreich: Pläne zum beschleunigten Bau neuer Kernreaktoren erläutert

In Frankreich hat der Ministerrat Anfang November 2022 einen Gesetzesentwurf gebilligt, der Kernkraftwerksneubauprojekte beschleunigen will. Dies gilt für Projekte in der Nähe bestehender Kernkraftwerksstandorte. Eine Reihe von Verwaltungsverfahren, insbesondere im Bereich der Stadtplanung, sollen dazu erleichtert und rationalisiert werden. Gemäss einer neuesten Umfrage befürworten rund 70% der Franzosen den Neubau von Kernkraftwerken.

9. Nov. 2022
Kernkraftwerk Penly
Die französische Regierung will den Bau neuer Kernkraftwerke beschleunigen und hat dazu einen Gesetzesentwurf erarbeitet. Davon profitieren sollen Kernkraftwerksneubauprojekte, die in unmittelbarer Nähe oder innerhalb des Kraftwerksgeländes bestehender Kernkraftwerke realisiert werden sollen. Dies trifft auch auf das Kernkraftwerk Penly im Département Seine-Maritime am Ärmelkanal zu, wo die EDF zwei EPR2 bauen will.
Quelle: Newsletter zum Kernkraftwerk Penly vom Januar 2022, EDF

In Frankreich ist der Ausbau der Kernenergie – neben dem Ausbau der erneuerbaren Energien und Massnahmen im Bereich Energieeinsparung und -effizienz – einer der drei Schwerpunkte zur Dekarbonisierung mit dem Ausstieg aus fossilen Energieträgern. Vor dem «Hintergrund der Dringlichkeit der Klimakrise […] und der Krise bei der Souveränität und der Sicherheit der Energieversorgung im Jahr 2022 infolge des Ukraine-Konflikts» arbeitet die französische Regierung deshalb an einem neuen Gesetz, um den Neubau von Kernkraftwerken zu beschleunigen.

Die Ministerin für die Energiewende, Agnès Pannier-Runacher, hat am 2. November 2022, dem französischen Ministerrat den Gesetzesentwurf vorgelegt. Er soll «einen Rahmen für die Beschleunigung der Verwaltungsverfahren im Zusammenhang mit der Durchführung künftiger Projekte zum Bau neuer Kernreaktoren in Frankreich schaffen und so die Fristen für die Durchführung dieser Projekte verkürzen, wenn sie sich in unmittelbarer Nähe oder innerhalb des Perimeters bestehender Nuklearstandorte befinden», hiess es im Protokoll zur Sitzung des Ministerrats.

Bauprojekte für neue Kernreaktoren sollen beschleunigt werden «indem eine Reihe von Verwaltungsverfahren, insbesondere im Bereich der Stadtplanung, erleichtert und rationalisiert» würden», erklärte der Regierungssprecher Olivier Veran an einer Medienkonferenz das Vorhaben. Auch könnten gewisse Prozesse zukünftig parallel zueinander ablaufen. Gemäss Reuters soll Veran gesagt haben, dass man dank des Gesetzesentwurfs eine Zeitspanne von «Jahren» bei Neubauprojekten einsparen könne. Und Agnes Pannier-Runacher habe gegenüber der Zeitung Les Échos erklärt: «Das Ziel ist, dass die administrativen Genehmigungen innerhalb von Fristen erteilt werden, die es uns ermöglichen, den Zeitplan für den Bau der EPR einzuhalten.» Der Gesetzesentwurf soll Ende Dezember 2022 oder Anfang Januar 2023 der französischen Nationalversammlung vorgelegt werden.

Der Energieversorger Électricité de France (EDF) plant den Bau von insgesamt sechs EPR2, wobei es sich um eine modernisierte Version des Druckwasserreaktors des Typs EPR handelt. Als Standorte dazu schlug er «in dieser Reihenfolge – Penly, Gravelines und Bugey oder Tricastin vor».

Keine Abstriche beim Umweltschutz und bei der Sicherheit – im Gegenteil
Sowohl im Sitzungsprotokoll des Ministerrats als auch an der nachfolgenden Pressekonferenz wurde klar vermittelt, dass «mit dem Gesetzesentwurf in keiner Weise die Anforderungen an den Umweltschutz oder die Sicherheit von Nuklearanlagen gemindert werden sollen», so Olivier Veran. Im Gegenteil: der Entwurf «trägt auch dazu bei, bestimmte Verwaltungsverfahren für den Bau neuer Kernreaktoren und bestimmte bestehende Verfahren für bestehende Kernreaktoren sicherer zu machen». Auch der Stellung der Kernenergie im zukünftigen Energiemix des Landes solle nicht vorgegriffen werden, heisst es mit Vermerk auf die «grosse Konsultation über die Zukunft unseres Energiemixes», die erst am 20. Oktober 2022 gestartet worden sei.

70% der Französinnen und Franzosen befürworten den Bau neuer Kernkraftwerke
Gemäss einer am 4. November 2022 veröffentlichten Umfrage der Finanzzeitung «Les Échos» befürworten 60% der Französinnen und Franzosen den Bau neuer Kernkraftwerke in Verbindung mit dem Ausbau der erneuerbaren Energien. 27% möchten ausschliesslich auf erneuerbare Energien setzen und schrittweise aus der Kernenergie aussteigen. 10% möchten nur neue Kernkraftwerke haben, ohne die neuen Erneuerbaren weiter auszubauen und 3% haben keine Angaben gemacht. Les Échos nennt als wichtigste Erkenntnis der Umfrage: «Die Atomkraft ist in Frankreich beliebt und wird sogar immer beliebter, auch bei den Anhängern der Grünen, ohne dass dies mit einer Ablehnung der erneuerbaren Energien einhergeht.»

Quelle

B.G. nach französischer Ministerrat, Sitzungsprotokoll und Pressekonferenz, 2. November 2022; Reuters, Artikel, 2. November 2022, sowie Les Échos, Twitter-Beitrag und Artikel, 4. November 2022

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