EU-Kommission prüft staatliche Beihilfen für das erste polnische Kernkraftwerk
Die Europäische Kommission hat eine Untersuchung eingeleitet, um zu prüfen, ob die von Polen geplante staatliche Förderung für das erste Kernkraftwerk des Landes in Lubiatowo-Kopalino mit den EU-Beihilfevorschriften im Einklang steht.
Polen will das erste Kernkraftwerk des Landes am Standort Lubiatowo-Kopalino errichten. Die damalige polnische Regierung hat im November 2022 das amerikanische Unternehmen Westinghouse Electric als Technologielieferenten für ein Kernkraftwerk ausgewählt, das aus drei AP1000-Einheiten mit einer Stromerzeugungskapazität von bis zu 3750 MW bestehen soll. Im Mai 2023 unterzeichneten Westinghouse, Bechtel und die Nuklearprojektgesellschaft Polskie Elektrownie Jądrowe (PEJ) eine Vereinbarung, die einen Plan über die Ingenieursdienstleistungen für die Lieferung der Anlage umfasst. Die neue polnische Regierung hat inzwischen den Zeitplan des Projekts angepasst: Das Giessen des ersten Betons soll 2028 erfolgen und die erste Kernkraftwerkseinheit soll 2036 in Betrieb gehen.
«Im September 2024 hat Polen bei der Kommission das Vorhaben angemeldet, das staatliche Unternehmen Polskie Elektrownie Jądrowe sp. z o.o (im Folgenden „PEJ“) beim Bau eines neuen Kernkraftwerks in Lubiatowo-Kopalino zu unterstütze», schrieb die EU-Kommission zur Anfrage Polens für eine Genehmigung der staatlichen Beihilfen. Beim ersten Kernkraftwerk Polens mit drei AP-1000-Einheiten seien die Gesamtinvestitionskosten auf rund EUR 45 Mrd. veranschlagt worden. Polen plane diese Investitionen staatlich zu unterstützen: durch eine direkte Kapitalzuführung in der Höhe von rund EUR 14 Mrd. zur Deckung von 30% der Projektkosten; mit staatlichen Garantien zur Absicherung von 100% der Schulden, die PEJ zur Finanzierung des Vorhabens aufnehme und durch einen zweiseitigen Differenzvertrag (Contract for Difference CfD), der während der gesamten 60-jährigen Lebensdauer des Kraftwerks stabile Einnahmen gewährleiste.
Staatliche Beihilfen müssen erforderlich, angemessen und fair sein
Gemäss den EU-Beihilfevorschriften können staatliche Beihilfen für die Kernenergie auf der Grundlage des Vertrags über die Arbeitsweise der EU (AEUV) geprüft und genehmigt werden. «Die Förderung sollte erforderlich und angemessen sein und die Handelsbedingungen nicht in einer Weise verändern, die dem gemeinsamen Interesse zuwiderläuft», erklärte die Kommission und ergänzte, dass sie seit Inkrafttreten der neuen Vorschriften für die Ausgestaltung des Energiemarkts im Juli 2024 auch Preisstützungssysteme in Form von CfD prüfe.
«Auf der Grundlage ihrer vorläufigen Beurteilung vertritt die Kommission zum gegenwärtigen Zeitpunkt die Auffassung, dass das Beihilfepaket erforderlich ist und einen Anreizeffekt hat, da der Beihilfeempfänger das Vorhaben ohne die öffentliche Förderung nicht durchführen würde», erklärte die Kommission. Dennoch würden derzeit Zweifel bestehen, ob die Massnahme in vollem Umfang mit den EU-Beihilfevorschriften vereinbar sei. Deshalb werde die Kommission im Rahmen einer eingehenden Untersuchung «die Geeignetheit und die Angemessenheit des Beihilfepakets» sowie «die Auswirkungen des Beihilfepakets auf den Wettbewerb auf dem Strommarkt und die Frage, ob diese so gering wie möglich gehalten werden» prüfen.
«Die Kommission muss prüfen, ob die öffentliche Förderung, die Polen für sein erstes Kernkraftwerk gewähren will, mit den Beihilfevorschriften vereinbar ist, die den Wettbewerb im Binnenmarkt schützen sollen. Den Wettbewerbsregeln zufolge werden wir auch die Auswirkungen auf den EU-Energiebinnenmarkt untersuchen. Alle Beteiligten können wie üblich Stellungnahmen abgeben», sagte EU-Kommissarin Teresa Ribera, Exekutiv-Vizepräsidentin für einen sauberen, fairen und wettbewerbsfähigen Wandel. Die EU-Kommission hat in der Vergangenheit bereits eine Reihe von Gesuchen zu staatlicher Beihilfe beim Bau und Betrieb von Kernkraftwerken geprüft und genehmigt wie beispielsweise bei Dukovany in Tschechien oder Hinkley Point C in Grossbritannien.
Quelle
B.G. nach EU-Kommission, Medienmitteilung, 18. Dezember 2024
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