Estland: Studie identifiziert vier mögliche Standorte für erstes Kernkraftwerk des Landes
Das estnische Finanzministerium hat in einer Studie vier mögliche Standorte für das erste kommerzielle Kernkraftwerk des Landes identifiziert. Bis dieses realisiert werden kann, braucht es noch detailliertere Analysen und vor allem einen Grundsatzentscheid Estlands für den Bau eines Kernkraftwerks sowie die Auswahl der Technologie.
Die Arbeitsgruppe Kernenergie macht im Auftrag des Finanzministeriums der estnischen Regierung seit zwei Jahren Abklärungen hinsichtlich eines Einstiegs Estlands in die kommerzielle Kernenergie. Sie hat nun zusammen mit dem estnische Beratungsunternehmen Skepast&Puhkim eine Studie durchgeführt, um herauszufinden, ob es in Estland grundsätzlich einen Ort für den Bau eines kommerziellen Kernkraftwerks gibt. Gemäss Medienberichten sei dies der Fall, wie die an einer Medienkonferenz vorgestellten Analysenergebnisse zeigen.
Eine Vertreterin des Finanzministeriums erklärte, dass man Anfang 2023 anhand von primären Kriterien wie Verfügbarkeit von Kühlwasser, Entfernung zur Landesgrenze, Flughafenschutzzonen, hochwassergefährdete Gebiete, geschützte Gebiete etc. 16 mögliche Standortgebiete für ein Kernkraftwerk identifizieren konnte. Ein Gebiet wurde aus Gründen der nationalen Sicherheit ausgeschlossen. Eine Analyse der verbleibenden Gebiete unter sozioökonomischen Aspekten habe gezeigt, dass vier Standorte besonders profitieren könnten: Toila (Kreis Ida-Viru), Kunda (Kreis Viru-Nigula), Loksa (Kreis Harju) und) im Nordosten und Varbla (Kreis Pärnu) im Südwesten Estlands.
Detaillierte Analysen müssen noch durchgeführt werden
«Eine detaillierte Analyse wird folgen, sobald der Staat die Entscheidung getroffen hat, ein Kernkraftwerk zu bauen, wobei vieles vom Technologie-Entscheid abhängt – wo können wir die Arbeiten durchführen, wie viel Land wird benötigt und wie gross werden die sozioökonomischen Auswirkungen sein», sagte die Vertreterin des Finanzministeriums. Gemäss Umweltministerium komme für Estland ein kleiner, modularer Reaktor (SMR) mit einer elektrischen Leistung von bis zu 300 MW in Frage. In der Studie seien sechs Reaktoren untersucht worden – vier wassergekühlte, ein gasgekühlter und ein Flüssigsalzreaktor. Da Estland noch keine Erfahrungen mit kommerziellen Kernreaktoren habe, sei dem Land seitens Internationaler Energie-Organisation (IAEO) zu einer «bewährten» SMR-Technologie geraten worden. Die Versorgungssicherheit mit Brennstoff und die Entsorgung der radioaktiven Abfälle wurden in der Studie ebenfalls thematisiert.
Der Abschlussbericht der Arbeitsgruppe Kernenergie ist für Ende 2023 vorgesehen. 2024 könnte ein Entscheid Estlands zum möglichen Bau eines Kernkraftwerks gefällt werden. Das private estnische Kernenergieunternehmen Fermi Energia möchte den Siedewasser-SMR BWRX-300 von GE Hitachi Nuclear Energy bauen (mehr dazu).
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