Entwurf des deutschen Energiekonzepts: mit Laufzeitverlängerung
Die deutsche Koalitionsregierung hat sich am 5. September 2010 auf längere Laufzeiten für Kernkraftwerke verständigt. Im Rahmen des Energiekonzepts soll die Laufzeit der 17 Kernkraftwerke in Deutschland um durchschnittlich zwölf Jahre verlängert werden.
In einer gemeinsamen Presseerklärung stellten Bundesumweltminister Norbert Röttgen und Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle den Entwurf des Energiekonzepts der Öffentlichkeit vor. Darin wird die Kernenergie als Brückentechnologie bezeichnet, die nicht länger als notwendig genutzt werden soll. Der Kompromiss der Regierung sieht vor, dass bei Kernkraftwerken mit Beginn des Leistungsbetriebs bis einschliesslich 1980 die Laufzeit um acht Jahre verlängert wird, bei den jüngeren um 14 Jahre, wobei für jede Einheit die Menge erzeugte Energie, die noch erzeugt werden darf und nicht die genaue Laufzeit festgelegt wird. Das bedeutet, dass die letzten Kernkraftwerke voraussichtlich 2040 vom Netz gehen. Im Jahr 2000 hatte die damalige rot-grüne Regierung den Ausstieg aus der Kernenergie beschlossen und die Strommenge so beschränkt, dass sich daraus eine durchschnittliche Laufzeit der Kernkraftwerke von nur rund 32 Jahren ergab. Demnach müsste die letzte der 17 Anlagen in Deutschland nach aktuellem Stand bis etwa 2025 vom Netz gehen.
Finanzielle Abgeltung
Im Gegenzug zur Laufzeitverlängerung haben sich die Kernkraftwerksbetreiber verpflichtet – neben der zeitlich befristeten Brennstoffsteuer – in den Jahren 2011 und 2012 je bis zu EUR 300 Mio. (CHF 384 Mio.) zusätzlich zu zahlen. Von 2012 bis 2016 werden laut Energiekonzept weitere Beiträge in der Höhe von bis zu EUR 200 Mio. jährlich hinzukommen.
Endlagerung der radioaktiven Abfälle
Das Energiekonzept befasst sich auch mit der Frage der Endlagerung der radioaktiven Abfälle aus der Kernenergienutzung. Die Laufzeitverlängerung von durchschnittlich zwölf Jahren führe nicht zu einer grundsätzlich veränderten Situation für die Endlagerung. Die zusätzlich anfallenden 10'000 m3 radioaktiver Abfälle mit vernachlässigbarer Wärmeentwicklung aus dem Betrieb der Kernkraftwerke können laut Energiekonzept im Endlager Konrad gelagert werden. Dieses werde möglichst zügig errichtet und in Betrieb genommen. Für 90% der anfallenden radioaktiven Abfälle sei damit ein sicheres Endlager vorhanden.
Ab Oktober 2010 wird zudem die Erkundung des Salzstocks Gorleben als Endlagerstandort für hochaktive Abfälle wieder aufgenommen. In einer vorläufigen Sicherheitsanalyse sollen bis Ende 2012 alle bisherigen Erkenntnisse über den Salzstock zusammengetragen und einem Peer Review unterzogen werden. Darauf aufbauend könnte danach die Erkundung zielgerichtet abgeschlossen werden, steht im Energiekonzept.
Weitere Schritte
Ausgehend vom Entwurf des Energiekonzepts folgt eine weitere Verständigung innerhalb der Bundesregierung und den Regierungsfraktionen. Das Kabinett wird sich am 28. September 2010 mit dem Energiekonzept befassen.
Widerstand angekündigt
SPD-Vorsitzender Sigmar Gabriel, vormaliger Bundesumweltminister, kündigte für den Fall eines Regierungswechsels 2013 die Rücknahme der Beschlüsse bereits an. Er wiederholte, dass sozialdemokratisch geführte Länderregierungen Klagen beim Bundesverfassungsgericht einreichen würden, sollte die Bundesregierung eine Beteiligung des Bundesrats – der aus Mitgliedern der Regierungen der Länder besteht – bei der Laufzeitverlängerung zu umgehen versuchen. Ob die Zustimmung des Bundesrats erforderlich ist, ist rechtlich umstritten.
Quelle
M.A. nach BMWi und BMU, Energiekonzept, 7. September sowie Politscher Rahmen für das Energiekonzept, 6. September, Mitschrift Bundespressekonferenz, und SPD, Pressemitteilung, 6. September 2010