Ensi: Programmatisches an der Gründungsfeier
Mit der Schaffung des Eidgenössischen Nuklearsicherheitsinspektorats (Ensi) erhält die Schweiz eine auch formal unabhängige Aufsichtsbehörde mit moderner Organisationsstruktur. An der Gründungsfeier des Ensi am 30. April 2009 in Baden wurde die wichtige Rolle dieser Behörde gewürdigt.
Am 1. Januar 2009 hat das Ensi seine operative Tätigkeit aufgenommen. Das Ensi ist – ähnlich wie die Unfallversicherungsanstalt Suva – eine unabhängige öffentlichrechtliche Anstalt «im dritten Kreis der Bundesverwaltung». Ihre Aufgaben und das gesamte Personal hat sie von der vormaligen Hauptabteilung für die Sicherheit der Kernanlagen (HSK) übernommen. Mit der Verselbstständigung wird die nukleare Aufsicht aus dem Bundesamt für Energie herausgelöst und von dessen energiepolitischen Aufgaben getrennt. Im Frühjahr 2010 wird das Ensi zudem seinen heutigen Standort beim Paul Scherrer Institut (PSI) in Villigen verlassen und einen Neubau in Brugg beziehen.
Leuenberger: aktiver kommunizieren
In seiner Grussbotschaft unterstrich Bundesrat Moritz Leuenberger die Wichtigkeit der klaren Zuweisung der Verantwortlichkeiten. Den oft gehörten Vorwurf der Verbandelung zwischen den Mitarbeitern der Kernanlagen und dem Ensi-Personal wies er zurück. «Wer früher in einem Kernkraftwerk gearbeitet hat und dort Kollegen hat, ist deswegen nicht befangen», hielt er fest. Solche Rollenwechsel seien natürlich: «Auch Anwälte werden später zu Richtern.» Leuenberger verwies auch auf die zentrale Rolle einer aktiven, ehrlichen, aufklärenden und transparenten Kommunikation. «Erklären, erklären und nochmals erklären», lautete seine Forderung an die Kernenergiebranche.
Mehr Schutz vor politischem Druck
An der Gründungsfeier begrüsste der Aargauer Regierungsrat Peter Beyeler die neue rechtliche Identität des Ensi. Als wichtiger Partner für die Zukunft der Schweizer Stromversorgung müsse das Ensi den Einflüssen von allen Seiten widerstehen. Auch swissnuclear-Präsident Peter Hirt hofft auf weniger politisch motivierte Einflussnahme, sodass sich das Ensi auf seine Kernaufgaben konzentrieren könne. Dem stimmte Werner Burkart, stellvertretender Generaldirektor der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEO), zu: Von der Politik dürfe kein Druck ausgeübt werden, wie schlechte internationale Beispiele lehrten. Bei der IAEO gelte die Schweiz als Musterschüler.
Kriegsbeil begraben – Energiezukunft anpacken
Im Festvortrag präsentierte Prof. Ortwin Renn vom Institut für Sozialwissenschaften der Universität Stuttgart seine Erkenntnisse über die Anforderungen an eine nachhaltige und ethisch vertretbare Energiezukunft. Angesichts des Energiehungers der Menschheit und der Klimaproblematik forderte er einen Burgfrieden zwischen den Anhängern der Kernenergie und den Promotoren der erneuerbaren Energien. Anders seien Ziele wie Versorgungssicherheit, Wettbewerbsfähigkeit und Klimaschutz nicht zeitgerecht zu erreichen. «Die Erneuerbaren brauchen noch Zeit, bis sie für den Klimaschutz richtig relevant werden», sagte Renn. «Und die heutige Generation der Kernkraftwerke ist noch nicht das Endziel der Kerntechnik».
Eindeutig höchste Priorität hat für ihn die Steigerung der Energieeffizienz. Auf der Produktionsseite ist für ihn aber klar, dass die Kernenergie zumindest für die kommenden 50 Jahre weiter genutzt werden sollte – vor allem zur Sicherung der Grundlast im Stromnetz.
Kritisches Hinterfragen und Fehlertoleranz
Vor den Medien umriss Ensi-Direktor Ulrich Schmocker die Herausforderung an die neue Behörde wie folgt: «Es braucht die tägliche Anstrengung des Betreibers und der Behörde, es braucht auf beiden Seiten eine ständig hinterfragende Haltung, es braucht die offene Kommunikation und es braucht ein Umfeld, das Fehler zulässt, und eine Technik, die solche Fehler verkraftet. Es ist nicht zuletzt auch Aufgabe der Behörde, ein entsprechendes Umfeld mitzugestalten und zu fördern. Dass dies möglich ist, zeigen die guten Betriebsergebnisse der Kernkraftwerke und die insgesamt sehr seltenen Störungen in den schweizerischen Kernanlagen.»
Quelle
M.S.