Energiestrategie 2050: Politik und Wirtschaft nehmen Stellung
Die FDP wie auch die SVP verurteilen das vom Bundesrat am 28. September 2012 vorgestellte erste Massnahmenpaket zur Energiestrategie 2050 als untauglich und unannehmbar. Die CVP, die BDP und die SP hingegen sehen die Energiestrategie als Chance. Sie sind überzeugt, dass die Umsetzung grosse Möglichkeiten für die Wirtschaft bietet. Die Schweizer Wirtschaftsverbände beurteilen die Strategie differenzierter. Für sie bleibt die Versorgungssicherheit der Schweiz zentral und sie verlangen, dass der Bundesrat alle volkswirtschaftlichen und ökologischen Konsequenzen der Strategie auf den Tisch legt.
FDP: Energiestrategie 2050 führt in Sackgasse
«Die Regierung wird mit dem nun eingeschlagenen Weg ihre Ziele nie erreichen», ist die Freisinnig-demokratische Partei.Die Liberalen Schweiz (FDP) in ihrer Medienmitteilung überzeugt. Die FDP kritisiert insbesondere die Erhöhung und Fortsetzung der Subventionen, anstatt verlässliche Rahmenbedingungen zu schaffen und Investitionen zu begünstigen. Die FDP plädiert für eine Stärkung der Versorgungssicherheit, die Liberalisierung des Energiemarktes und die verbesserte Energieeffizienz.
SVP: Falsche und gefährliche Energiestrategie
Die vom Bundesrat vorgeschlagenen Massnahmen zur Umsetzung der Energiestrategie 2050 sind für die Schweizerische Volkspartei (SVP) nicht akzeptabel. Mit staatlichen Lenkungs- und Erziehungsmassnahmen, massiven Eingriffen in den Markt sowie zusätzlichen Abgaben und Gebühren könne nur rund die Hälfte der Ziele erreicht werden, ist sich die SVP in ihrem Fazit sicher. Zahlen und Forderungen seien unrealistisch. Illusorisch sei etwa die Reduktion des Energieverbrauchs pro Person um 35% bis 2035. Die SVP kritisiert auch, dass die Pläne für die ökologische Steuerreform erst 2014 präsentiert werden. Das sei eine inakzeptable Salamitaktik.
CVP und BDP sehen Energiestrategie als Chance
Die Christlich-demokratische Volkspartei Schweiz (CVP) erblickt in der Energiestrategie 2050 eine Chance für das Land, äussert sich aber inhaltlich und materiell nicht weiter dazu. Die Bürgerlich-Demokratische Partei Schweiz (BDP) begrüsst in ihrer Stellungnahme die schrittweise Ablösung des heutigen Fördersystems durch eine ökologische Steuerreform. Sie ist überzeugt, dass sich mit der Steuerreform die Ziele der Energiestrategie langfristig am kostengünstigsten erreichen lassen. Auch eine Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit und der Innovationskraft der Schweizer Wirtschaft könne so ausgelöst werden, gibt sich die BDP zuversichtlich. Sie will sich in der weiteren politischen Diskussion dafür einsetzen, dass die ökologische Steuerreform umgesetzt und die Ziele der Energiestrategie 2050 erreicht werden können.
SP fordert Abschaltdaten für Kernkraftwerke
Die Sozialdemokratische Partei der Schweiz (SP) begrüsst den Schub für die Energiewende und ist überzeugt, dass die Umsetzung der Energiestrategie 2050 grosse wirtschaftliche Chancen bietet. Der Umstieg auf die Erneuerbaren habe Investitionen, neue Stellen für die gesamte Wirtschaft und eine Effizienzsteigerung zur Folge. Die SP bedauert, dass der Bundesrat noch keinen definitiven Abschaltzeitpunkt für die Schweizer Kernkraftwerke festgelegt hat. Damit könnte die nötige Investitionssicherheit für erneuerbare Energien geschaffen werden.
Grüne und WWF wollen Tempo erhöhen
Die Grüne Partei der Schweiz ist mit der Stossrichtung der bundesrätlichen Energiestrategie 2050 einverstanden. Doch die vorgeschlagenen Massnahmen seien ungenügend. Die Energiewende erfolge zu langsam. Die Massnahmen des Bundesrates würden die Abschaltung der Schweizer Kernkraftwerke bis 2029, wie von den Grünen gefordert, nicht ermöglichen. Die Schweiz laufe Gefahr, Gaskraftwerke bauen und «dreckigen Strom» importieren zu müssen. Beides lehnen die Grünen ab.
Auch der WWF Schweiz spricht von einem Meilenstein, der mit der Energiestrategie 2050 gesetzt werde, und begrüsst insbesondere die geplante fast 100%-ige Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien. Der WWF kritisiert jedoch, dass die für die Zeit bis 2050 vorgesehenen Massnahmen spätestens 2035 ihre volle Wirkung entfalten sollten, damit die umwelt- und wirtschaftsverträgliche Energiewende zu schaffen sei. Der Bundesrat «zaudere»: Für eine «richtige Energiewende» müsse er sein Tempo verdoppeln.
Economiesuisse konstatiert durchzogene Bilanz
Der Wirtschaftsdachverband economiesuisse unterstützt viele der vom Bundesrat vorgeschlagenen Massnahmen zur Energiestrategie 2050, da sie zur Energieeffizienz beitrügen und bessere Rahmenbedingungen zum Bau von Energieanlagen und Stromnetzen böten. Für die economiesuisse bleibt jedoch unbeantwortet, wie nach dem kompletten Wegfall der Stromproduktion aus Kernenergie die Versorgungssicherheit gewährleistet wird – speziell im stromintensiven Winterhalbjahr. Ebenso bleibt für die economiesuisse unklar, wie es nach 2020 weitergehen soll. Sie fordert deshalb, dass der Bundesrat alle volkswirtschaftlichen und ökologischen Konsequenzen auf den Tisch legt. Auch die «kaum mehrheitsfähige» ökologische Steuerreform sieht die economiesuisse kritisch. Das Vorgehen des Bundesrates in dieser Frage sei inhaltlich unsolide und basiere nicht auf einem sauberen Einbezug der betroffenen Kreise.
SGV gegen Technologieverbote
Auch laut der Dachorganisation der Schweizer KMU – dem Schweizerischen Gewerbeverband (SGV) – birgt die Energiestrategie 2050 Chancen und Gefahren für die Schweizer Wirtschaft. Zentral bleibe eine zuverlässige Versorgung zu günstigen Preisen. Die Umsetzung der Strategie müsse mit marktwirtschaftlichen Mitteln erfolgen. Der SGV fordert, dass Firmen, die besondere Anstrengungen unternehmen, von Abgaben befreit werden. Abgelehnt werden neue Vorschriften, Subventionierungen sowie die Beschneidung der Freiheit und des Föderalismus. Technologieverbote erstickten ebenfalls Innovationen im Keim. Mit der Energiestrategie dürften nicht zentralstaatliche Wirtschaftsplanung, Bevormundung oder Interventionismus legitimiert werden, so der SGV in seiner Medienmitteilung.
VSE unterstützt Umbau des Energiesystems
Der Verband Schweizerischer Elektrizitätsunternehmen (VSE) unterstützt den vom Bund beschlossenen Umbau des Schweizer Energiesystems. Er erachtet Massnahmen zur Verbesserung der Energieeffizienz wie den Ausbau des Gebäudeprogrammes sowie den Ausbau der erneuerbaren Energien einhergehend mit strafferen Bewilligungsverfahren als notwendig für die Umsetzung der neuen Energiepolitik. Sie müssten indessen wirtschaftlichen Grundsätzen folgen. Entscheidende Voraussetzung sei zudem eine breite Akzeptanz. Der VSE schätzt die gesamten Kosten für den Umbau auf CHF 118–150 Mrd.
Quelle
D.S. nach BDP, CVP, economiesuisse, FDP, Grüne Schweiz, SGV, SP, SVP, VSE, WWF, Medienmitteilungen, 28. September 2012
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