Deutschland: Verständigung zum finanziellen Ausgleich für Kernenergieausstieg
Die deutsche Bundesregierung hat sich mit den vier Energieversorgungsunternehmen EnBW, E.On (heute PreussenElektra), RWE und Vattenfall auf Eckpunkte zur Zahlung eines finanziellen Ausgleichs aufgrund des beschleunigten Kernenergieausstiegs nach dem Reaktorunfall von Fukushima-Daiichi 2011 verständigt. Alle damit in Zusammenhang stehenden Rechtsstreitigkeiten sollen so beigelegt werden.
Das deutsche Bundesverfassungsgericht hatte bereits in seinen Entscheidungen vom 6. Dezember 2016 und vom 29. September 2020 einen finanziellen Ausgleich der Energieversorgerunternehmen für den beschleunigten Kernenergieausstieg verlangt. In einem Urteil vom November 2020 bekräftigte es diese Forderung. Wie und in welcher Höhe der Ausgleich zu erfolgen habe, führte zu jahrelangen Rechtsstreitigkeiten, die nun beigelegt werden können.
Deutschland soll einen Ausgleich in Höhe von insgesamt etwa EUR 2,428 Mrd. leisten. Laut den verkündeten Zahlen soll die Vattenfall EUR 1,425 Mrd. erhalten. EUR 880 Mio. gehen an die RWE, EUR 80 Mio. an die EnBW und EUR 42,5 Mio. an die E.On/PreussenElektra. Diese Zahlungen dienen einerseits einem Ausgleich für Reststrommengen, welche die Unternehmen nicht mehr in konzerneigenen Anlagen erzeugen können (im Fall der RWE und Vattenfall), andererseits dem Ausgleich für Investitionen, welche die Unternehmen im Vertrauen auf die 2010 in Kraft getretene Laufzeitverlängerung getätigt hatten, die dann aufgrund der Rücknahme der Laufzeitverlängerung nach dem Reaktorunfall von Fukushima-Daiichi entwertet wurden (im Fall der EnBW, E.On/PreussenElektra und RWE).
Im Rahmen der Gesamtverständigung verpflichten sich die Unternehmen, sämtliche Klageverfahren zurückzunehmen und auf Klagen oder Rechtsbehelfe gegen die Ausgleichsregelung zu verzichten. Dies umfasst auch das internationale Schiedsverfahren der Vattenfall beim Internationalen Zentrum zur Beilegung von Investitionsstreitigkeiten (ICSID) in Washington DC.
Die Eckpunkte stehen derzeit noch unter dem Vorbehalt der Zustimmung der Gremien der Unternehmen. Der Vertrag wird dem Deutschen Bundestag zur Kenntnis gegeben. Die endgültige Regelung soll durch ein Gesetz des Deutschen Bundestages (das 18. Gesetz zur Änderung des Atomgesetzes) erfolgen. Die Regelungen sollen 2021 vollzogen werden. Sie stehen jedoch auch unter dem Vorbehalt der beihilferechtlichen Prüfung durch die Europäische Kommission. Bis zum Inkrafttreten des Vertrags werden die Verfahren ruhend gestellt.
Diese Einigung hat keine Auswirkungen auf den Kernenergieausstieg Deutschlands. Es bleibt dabei, dass die letzten deutschen Kernkraftwerkseinheiten – Emsland und Isar-2 der PreussenElektra sowie Neckarwestheim-2 der EnBW – spätestens Ende Dezember 2022 vom Netz gehen müssen.
Quelle
M.A. nach den deutschen Bundesumwelt-, Bundeswirtschafts- und Bundesfinanzministerien, gemeinsame Medienmitteilung, 5. März 2021, und Ergebnisbericht «Wesentliche Ergebnisse der Gespräche mit den EVU»
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