Deutschland: Klage der RWE zulässig
Der Hessische Verwaltungsgerichtshof hat am 4. Juli 2012 mitgeteilt, dass die Klagen gegen die im März 2011 angeordneten, vorläufigen Abschaltungen der Kernkraftwerkseinheiten Biblis-A und -B zulässig seien.
Nach dem Reaktorunfall in Fukushima-Daiichi hatte das hessische Umweltministerium die Abschaltung von Biblis-A und -B angeordnet, nachdem sich Bundesregierung und Länder auf eine Aussetzung der vereinbarten Verlängerung der Laufzeiten deutscher Kernkraftwerke für drei Monate geeinigt hatten, um eine umfassende Sicherheitsüberprüfung alle Einheiten zu ermöglichen. Diejenigen Einheiten, die vor Ende 1980 den Betrieb aufgenommen hatten, mussten während des Moratoriums vom Netz genommen werden. Die Abschaltung betraf die Einheiten Biblis-A und -B, Brunsbüttel, Isar-1, Neckarwestheim-1, Philippsburg-1 und Unterweser. Daraufhin erhob die RWE AG – die Betreiberin des Kernkraftwerks Biblis – Klage.
Nachdem mit dem Ende Mai 2011 beschlossenen beschleunigten Kernenergieausstieg die Aufhebung der Befristung hinfällig geworden war, beantragte die RWE beim Hessischen Verwaltungsgerichtshof, die Rechtswidrigkeit der beiden Anordnungen des Landes Hessen festzustellen, um Schadensersatzforderungen gegen das Land zivilrechtlich durchsetzen zu können. Laut Medienberichten bezifferte ein Prozessvertreter während der Verhandlung den Schaden für die RWE auf insgesamt EUR 187 Mio. (CHF 225 Mio.).
Der Hessische Verwaltungsgerichtshof kam nun in der Verhandlung zum Schluss, dass die Klagen der RWE zulässig seien. Dass ein Schaden durch das Moratorium entstanden sei, könne «nicht von vornherein ausgeschlossen» werden. Über die Rechtmässigkeit der am 18. März 2011 angeordneten Abschaltungen und die damit zusammenhängenden verfassungsrechtlichen und verwaltungsrechtlichen Fragen wird er in einer weiteren mündlichen Verhandlung entscheiden.
Quelle
M.A. nach Hessischem Verwaltungsgerichtshof, Medienmitteilung, 4. Juli, und Frankfurter Allgemeine Zeitung, Seite 4, 5. Juli 2012