Deutschland: keine Stromübertragungen auf ältere Kernkraftwerke
Das Bundesverwaltungsgericht Leipzig hat am 26. März 2009 in letzter Instanz entschieden, dass keine Reststrommengen des stillgelegten Kernkraftwerks Mülheim-Kärlich auf die beiden deutschen Einheiten Biblis-A und Brunsbüttel übertragen werden dürfen. Damit bestätigten die Richter die beiden Urteile der Vorinstanzen.
Um eine Laufzeitverlängerung von Biblis-A, dem ältesten in Deutschland betriebenen Kernkraftwerk, zu erreichen, hatte der Stromkonzern RWE im September 2006 beim Bundesumweltministerium (BMU) ein Gesuch zur Übertragung von Strommengen beantragt. Die Übertragung sollte aus dem Kontingent erfolgen, das der RWE im Atomgesetz für das stillgelegte Atomkraftwerk Mülheim-Kärlich zugewiesen worden war. Im März 2007 stellte das Unternehmen Vattenfall einen entsprechenden Antrag für das Kernkraftwerk Brunsbüttel. Diese Anträge lehnte das BMU im Mai beziehungsweise August 2007 ab.
Klagen gegen BMU
Gegen die Ablehnungsentscheide hatten die RWE und die Vattenfall Klagen bei den zuständigen Verwaltungsgerichten eingereicht. In den Klagebegründungen vertraten die Energiekonzerne die Auffassung, dass das Atomgesetz mit Zustimmung des BMU eine Übertragung auch auf andere Kernkraftwerke zulasse. Sie beriefen sich hierbei auf eigene Rechtsgutachten. Die Klagen gegen das BMU wurden daraufhin vom Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgericht und vom Hessischen Verwaltungsgerichtshof im Januar und Februar 2008 zwar abgewiesen, jedoch wegen der grundsätzlichen Bedeutung des Rechtsstreits die Revision vor dem Bundesverwaltungsgericht zugelassen. Diese Revisionen hat das Bundesverwaltungsgericht nun abgelehnt. Die zum Ausgleich für das Kernkraftwerk Mülheim-Kärlich zugewiesene Strommenge könne nur auf bestimmte, in der Fussnote der Beilage 3 zum Atomgesetz abschliessend aufgeführte Werke übertragen werden, erläuterte das Bundesverwaltungsgericht im Anschluss an eine mündliche Verhandlung. Das BMU sei nicht ermächtigt, eine Übertragung auf andere Anlagen zuzulassen.
Zukunft bleibt dennoch offen
Die RWE bedauerte den Entscheid. Die Chancen auf eine längere Laufzeit von Biblis-A sieht der Energiekonzern aber weiter gewahrt. Unabhängig von ihrem ersten Antrag hatte sie bereits eine Übertragung von Strommengen des Kernkraftwerks Emsland auf Biblis-A beantragt. Das Verfahren ist in erster Instanz vor dem Hessischen Verwaltungsgerichtshof in Kassel hängig. Die Übertragung von Strommengen auf Biblis-A soll es ermöglichen, die Laufzeit an die des Blocks Biblis-B anzugleichen. Konkret geht es um 30 Mrd. kWh Strom und eine Laufzeit bis etwa 2013.
Ähnlich reagierte auch die Vattenfall. Sie verwies auf ihren vom BMU noch nicht entschiedenen Antrag auf Übertragung von 15 Mrd. kWh von Krümmel auf Brunsbüttel. Das Kernkraftwerk Brunsbüttel hat laut Vattenfall zurzeit eine Reststrommenge von rund elf Mrd. kWh. Das entspricht einer Laufzeit von rund zwei Jahren.
Beide Kernkraftwerke sind seit mehreren Monaten für längere Wartungs- und Reparaturarbeiten vom Netz, sodass die eigenen Reststrommengen ausreichen könnten, bis diesen Herbst eine neue Bundesregierung gewählt wird.
Genugtuung beim BMU
Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) begrüsste das Urteil. Das Gericht habe die Rechtsauffassung des Ministeriums bestätigt und schaffe Rechtssicherheit für den weiteren Vollzug des Atomausstiegsgesetzes, sagte Gabriel in Berlin. Das BMU hatte seine ablehnende Haltung mit Sicherheitsbedenken begründet. Auch ist es der Meinung, dass Strommengenübertragungen zur Sicherstellung der Energieversorgung und zum Klimaschutz nicht nötig seien.
Quelle
M.A. nach BMU, Vattenfall und RWE, Medienmitteilungen, 26. März 2009
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