Deutschland: Antrag zur Übertragung von Strommengen auf das KKW Biblis-A
Die RWE Power AG hat am 26. September 2006 beim deutschen Bundesumweltministerium (BMU) einen Antrag auf Zustimmung zur Strommengenübertragung auf den Block-A des Kernkraftwerk Biblis gestellt.
Gleichzeitig wurde der Antrag an das Bundeskanzleramt und das Bundeswirtschaftsministerium (BMWI) übermittelt. Der Vorstandvorsitzende des RWE-Konzerns, Harry Roels, hatte bereits an der Bilanz-Pressekonferenz vom 23. Februar 2006 angekündigt, dass die RWE im zweiten Quartal dieses Jahres einen Antrag zur Übertragung von Strommengen und damit zur Laufzeitverlängerung von Biblis-A stellen werde. Dies bestätigte er an der Halbjahres-Pressekonferenz im August 2006.
Anfang Jahr hatte der Energiekonzern EnBW einen solchen Antrag für das Kernkraftwerk Neckar-1 (785 MW, PWR) in Aussicht gestellt und die Unterstützung des Baden-Württembergischen Wirtschaftsministers zugesagt bekommen.
Strommengenübertragung und damit Laufzeitverlängerung bis 2011
Die Anlage soll demnach über das ihr bislang zustehende Kontingent hinaus weitere 30 TWh Strom erzeugen dürfen. Das Unternehmen will das Stromkontingent aus dem Guthaben seines im Rückbau befindlichen Kernkraftwerks Mülheim-Kärlich auf die Bibliser Anlage übertragen. Für den Fall der Ablehnung des Hauptantrags, hat die RWE Power eine Zustimmung zur Übertragung von 30 TWh aus der für das KKW Emsland noch verfügbaren Reststrommengen auf Biblis-A beantragt. Diese Übertragung ist nach dem deutschen Atomgesetz ebenfalls zustimmungspflichtig, da Emsland jünger ist als der Block-A in Biblis. Die zurzeit gültige Regelung sieht die vorzeitige Abschaltung von Biblis-A Mitte 2008 vor. Mit der Übertragung soll die Laufzeit von Block A bis etwa in die zweite Jahreshälfte 2011 verlängert werden. Somit wäre eine Angleichung an die Laufzeit von Block B möglich, der unter Berücksichtung einer zustimmungsfreien Übertragung von 21,45 TWh aus dem so genannten Mülheim-Kärlich-Kontingent voraussichtlich bis in die zweite Jahreshälfte 2011 betrieben werden kann. Ein Weiterbetrieb ist aus Sicht des Unternehmens technisch uneingeschränkt möglich, sicherheitstechnisch voll verantwortbar und wirtschaftlich geboten.
Atomkonsens wird nicht tangiert
«Die Kernenergie wird nach unserer Auffassung weiterhin einen wichtigen Beitrag zur Energieversorgung des Landes leisten», erklärte der Vorstandsvorsitzende der RWE Power AG Jan Zilius. Laut Pressemitteilung steht das Unternehmen ungeachtet dessen zur Vereinbarung zwischen Bundesregierung und Energieversorgungsunternehmen aus dem Jahr 2000. Der Antrag führt zu keiner Veränderung der Gesamtproduktionsmenge, die vereinbarungsgemäss von deutschen Kernkraftwerken noch produziert werden kann. Er nutzt dabei die Flexibilität, die das Atomgesetz bietet. Mit Blick auf das derzeit in Entwicklung befindliche energiepolitische Konzept des Landes schaffe der Antrag jedoch für alle Beteiligten zeitlichen Spielraum, die Diskussion auch über die künftige Rolle der Kernenergie ergebnisoffen zu führen. «Wir halten es für falsch, vor Fertigstellung dieses Konzepts durch die vorzeitige Stilllegung von Kernkraftwerken vollendete und irreversible Tatsachen zu schaffen», gibt Zilius weiter zu bedenken.
Entscheid liegt bei Bundesregierung
Über den Antrag entscheidet die Bundesregierung. Damit er angenommen werden kann, ist das Einverständnis des Bundeskanzleramts, des BMU und des BMWI erforderlich. Bundesumweltminister Sigmar Gabriel: «Bei dem von RWE gestellten Antrag auf Strommengenübertragung von Mülheim-Kärlich auf Biblis-A wird das Bundesumweltministerium zunächst prüfen, ob dieser Antrag überhaupt rechtlich begründet ist.» Weiter erklärte er: «Grundsätzlich kann die Prüfung solcher Anträge mehrere Monate dauern und hängt wesentlich von der Qualität der vorgelegten Unterlagen ab. Ich werde mich dabei nicht unter Zeitdruck setzen lassen. Fristsetzungen gibt es für die Betreiber, nicht für die Behörde.» Gabriel ist entschieden gegen Laufzeitverlängerungen älterer Kernkraftwerke und hatte bereits Mitte August 2006 erklärt, dass er einem solchen Antrag «auf keinem Fall entsprechen» werde.
Der Druckwasserreaktor Biblis-A (1167 MW) hat 1974 den Betrieb aufgenommen. Insgesamt decken die Kernkraftwerke rund ein Viertel der in Deutschland benötigten elektrischen Energie.
Quelle
M.A. nach RWE Power und BMU, Pressemitteilungen, 26. September 2006
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