Deutsches Bundeskabinett für befristete Laufzeitverlängerung

Das deutsche Bundeskabinett hat am 28. September 2010 das von Rainer Brüderle, Bundesminister für Wirtschaft und Technologie, und Norbert Röttgen, Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, vorgelegte Energiekonzept für eine umweltschonende, zuverlässige und bezahlbare Energieversorgung genehmigt. In diesem Rahmen wird die Laufzeit der 17 Kernkraftwerke in Deutschland um durchschnittlich zwölf Jahre verlängert.

30. Sep. 2010
Wirtschaftsminister Rainer Brüderle an der Pressekonferenz zum Energiekonzept: «Energie muss für Wirtschaft und Verbraucher verlässlich und bezahlbar bleiben. Dazu leistet die Verlängerung der Laufzeiten der sicheren deutschen Kernkraftwerke einen wichtigen Beitrag.»
Wirtschaftsminister Rainer Brüderle an der Pressekonferenz zum Energiekonzept: «Energie muss für Wirtschaft und Verbraucher verlässlich und bezahlbar bleiben. Dazu leistet die Verlängerung der Laufzeiten der sicheren deutschen Kernkraftwerke einen wichtigen Beitrag.»
Quelle: FDP

Die befristete Verlängerung der Laufzeiten der 17 Kernkraftwerke in Deutschland leistet laut Energiekonzept einen zentralen Beitrag, in einem Übergangszeitraum die drei energiepolitischen Ziele Klimaschutz, Wirtschaftlichkeit und Versorgungssicherheit zu verwirklichen. Sie erleichtere den Weg in das Zeitalter der erneuerbaren Energien, insbesondere durch strompreisdämpfende Wirkungen und eine Absenkung der energiebedingten Treibhausgas-Emissionen. Die Laufzeit der Kernkraftwerke wird – wie bereits Anfang September im Entwurf des Energiekonzepts angekündigt – durch entsprechende Erhöhung der zugewiesenen Elektrizitätsmengen um durchschnittlich zwölf Jahre verlängert. Bei Kernkraftwerken mit Beginn des Leistungsbetriebs bis einschliesslich 1980 wird die Laufzeit um acht Jahre verlängert, bei den jüngeren um 14 Jahre. Zudem werden die Regelwerke über Sicherheitsanforderungen an die deutschen Kernkraftwerke verschärft. Die Vorlagen für diese und rund 40 weitere Gesetzesänderungen werden jetzt zu Handen des Bundestags ausgearbeitet. Nach Ansicht des Kabinetts kann der Bundestag abschliessend darüber entscheiden. Eine Zustimmung des Bundesrats – der Länderkammer – sei nicht erforderlich.

Kernenergie als notwendige Brückentechnologie

Brüderle wie Röttgen betonten an der Pressekonferenz, die Laufzeitverlängerung für die deutschen Kernkraftwerke übernehme lediglich eine Brückenfunktion auf dem Weg zum Zeitalter der regenerativen Energien. «Die Kernenergie hat eine Brückenfunktion, nicht eine Zukunftsfunktion», unterstrich Röttgen.

Mit der Laufzeitverlängerung würden drei Fliegen mit einer Klappe geschlagen, erklärte Brüderle. Längere Laufzeiten trügen dazu bei, erstens die Strompreise bezahlbar zu halten, zweitens die Klimaschutzziele leichter zu erreichen und drittens führten die Kraftwerksbetreiber umfangreiche finanzielle Mittel ab.

Kernbrennstoffsteuer und Gewinnabschöpfung

Neben der bis Ende 2016 befristeten Kernbrennstoffsteuer in der Höhe von EUR 2,3 Mrd. (CHF 3,1 Mrd.) jährlich werde eine vertragliche Vereinbarung mit den Kraftwerksbetreibern über die Abschöpfung der Zusatzgewinne aus der Laufzeitverlängerung getroffen. Sie sollen demnach 2011 und 2012 jeweils EUR 300 Mio. (CHF 400 Mrd.) und 2013–2016 jeweils EUR 200 Mio. in einen «Energie- und Klimafonds» zahlen. Diese Mittel werden vorwiegend für den Ausbau erneuerbarer Energien verwendet. Die Zahlungen der Kernkraftwerksbetreiber ab 2017 – also nach Auslaufen der Kernenergiesteuer – richteten sich nach den zusätzlichen Elektrizitätsmengen und seien abhängig von den Verbraucherpreisen. Die genauen Regelungen dazu würden mit den Kernkraftwerksbetreibern vertraglich festgeschrieben.

Anspruchsvolle Ziele

An erster Stelle des Energiekonzepts stehen ambitionierte Ziele für den Ausbau der erneuerbaren Energien, die «zu einer tragenden Säule» der Energieversorgung Deutschlands werden sollen. Entsprechend der Koalitionsvereinbarung

  • soll der Anteil erneuerbarer Energien am Bruttostromverbrauch 35% bis 2020 und 80% bis 2050 betragen
  • soll der Primärenergieverbrauch um 20% bis 2020 und um 50% bis 2050 (gegenüber dem Jahr 2008) gesenkt werden
  • sollen die Treibhausgasemissionen um 40% bis 2020 und um 80% bis 2050 (gegenüber dem Jahr 1990) verringert werden.

Opposition will klagen

Der Fraktionsvorsitzende der Grünen, Jürgen Trittin, und der SPD-Fraktionsvorsitzende, Sigmar Gabriel, kündigten wiederum Klagen vor dem Bundesverfassungsgericht wegen der «Umgehung des Bundesrats» an. Die Parteien der Regierungskoalitionen der Länder, die die Bundesregierung (CDU/CSU und FDP) widerspiegeln, haben derzeit im Bundesrat keine Mehrheit.

Quelle

M.A. nach deutscher Bundesregierung, Medienmitteilungen, Pressestatements, «Energiekonzept für eine umweltschonende, zuverlässige und bezahlbare Energieversorgung», und Gesetzesentwürfen, sowie CDU/CSU, Pressemitteilung, 28. September 2010

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