Bulgarien: Westinghouse und Framatome werden neu Brennstoff für Kosloduj liefern
Das bulgarische Kernkraftwerk Kosloduj wird in naher Zukunft keinen Kernbrennstoff mehr von Tvel aus Russland beziehen und diversifiziert seine Kernbrennstoffversorgung. Dazu hat die Kernkraftwerkbetreiberin Kozloduy Nuclear Power Plant plc (KNPP) Ende 2022 mit der amerikanischen Westinghouse einen Liefervertrag und mit der französischen Framatome eine Vereinbarung geschlossen.
Das einzige Kernkraftwerk Bulgariens liegt im Nordwesten des Landes am Standort Kosloduj an der Donau. Von sechs Einheiten liefern heute noch zwei Strom: Kosloduj-5 und -6. Für die russischen Druckwasserreaktoren des Typs WWER-1000 gab es ursprünglich bis 2025 einen Liefervertrag für Kernbrennstoffe mit der russischen Brennstoffherstellerin Tvel JSC. Wie das internationale Kernenergie-Informationsportal NucNet berichtete, habe der bulgarische Energieminister Rosen Christow im Dezember 2022 gesagt, dass Brennstofflieferungen von Tvel bereits 2024 nicht mehr möglich seien, da die russische Seite «unakzeptable» Vertragsänderungen gefordert habe.
Um die Versorgungssicherheit zu erhöhen und eine Abhängigkeit von Russland zu verringern, sah schon die «Strategie für eine sichere europäische Energieversorgung» der Europäische Union (EU) aus 2014 eine Diversifizierung bei der Versorgung von Kernkraftwerken mit frischem Kernbrennstoff vor. Um diese Forderung für das Kernkraftwerk Kosloduj umzusetzen, habe KNPP mit der Euratom-Versorgungsagentur (ESA) – diese überwacht die Versorgung der EU mit Kernmaterial – ein Programm vereinbart. Am 9. November 2022 habe das bulgarische Parlament zudem einen Beschluss zur Beschleunigung des Zulassungsverfahrens und einer möglichen Lieferung von Kernbrennstoff durch alternative Lieferanten gefasst, erklärte KNPP.
Liefervertrag mit Westinghouse vom 22. Dezember 2022
Bereits im Februar 2021 unterzeichnete KNPP mit der Westinghouse Electric Company einen Vertrag über den Einsatz von Westinghouse-Kernbrennstoff im Kernkraftwerksblock Kosloduj-5. Das dazu notwendige behördliche Zulassungsverfahren für Westinghouse-Kernbrennstoff läuft derzeit und soll 2023 abgeschlossen werden, wie die bulgarische Nachrichtenagentur BTA berichtete.
Am 22. Dezember 2022 schloss KNPP zudem mit Westinghouse Electric Sweden AB einen Vertrag über die Lieferung von frischem Kernbrennstoff für Block 5. Diese Verpflichtung beinhalte die Bereitstellung angereicherten Urans, die Herstellung der Brennelemente und deren Lieferung an den Standort Kosloduj. Der Vertrag trete nach Unterzeichnung durch die ESA in Kraft und habe eine Laufzeit von zehn Jahren, schrieb KNPP. Gemäss Christow konnte Bulgarien dank des EU-Verfahrens sehr günstige Vertragsbedingungen mit Westinghouse erzielen. Unter anderem werde Westinghouse die Implementierung seines internen Reaktorkontrollsystems kostenlos anbieten.
Wie Westinghouse mitteilte, werde der Brennstoff von der eigenen Produktionsstätte in Västerås, Schweden, geliefert. Das Unternehmen betonte dabei, dass es als einziges eine vollständig westliche Option für die Herstellung von WWER-Kernbrennstoff anbieten könne. Laut NucNet habe im März 2022 der damalige bulgarische Energieminister Alexander Nikolow einen Einsatz des Westinghouse-Brennstoffs für Mitte 2024 in Aussicht gestellt.
Vereinbarung hinsichtlich eines Liefervertrags mit Framatome vom 30. Dezember 2022
Ausserdem vereinbarten KNPP und Framatome am 30. Dezember 2022 die Lieferung von frischem Kernbrennstoff für Kosloduj-6. KNPP informierte, dass der endgültige Liefervertrag erst noch ausgearbeitet werde: «Die heute unterzeichnete Vereinbarung regelt den Zeitplan für künftige Verhandlungen und den Abschluss eines Vertrags über die Lieferung von frischem Kernbrennstoff für die Kernkraftwerkseinheit Kosloduj-6. Die beiden Parteien werden einen Vertrag über bis zu zwölf Brennstoffbeladungen für den Zeitraum von 2025 bis einschliesslich 2034 abschliessen.»
Framatome betonte, dass sein Kernbrennstoff für den WWER-1000 bereits über eine Zulassung in Bulgarien verfüge. Gemäss KNPP-Medienmitteilung entsprechen die Framatome-Brennelemente exakt den Tvel-Brennelementen und benötigen daher keine neue Genehmigung der bulgarischen Atomaufsichtsbehörde. Framatome stelle die WWER-1000-Brennelemente in Anlagen in Europa in Lizenz her, äusserte sich Christow bereits früher. Nach seinen Worten garantiert die Lieferung von frischem Kernbrennstoff durch Westinghouse und Framatome den reibungslosen Betrieb der Blöcke 5 und 6 des Kernkraftwerks Kosloduj für die nächsten zehn Jahre.
Quelle
B.G. nach NucNet, 3. Januar 2023; KNPP, Medienmitteilungen 22. und 30. Dezember 2022; Westinghouse, Medienmitteilung, 22. Dezember 2022; bulgarische Nachrichtenagentur BTA, Meldung, 22. Dezember 2022
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