Bulgarien: lieber Kernenergie als EU?

Die EU verlangt von Bulgarien die Stilllegung der beiden 408-MW-Druckwassereinheiten ex-sowjetischer Bauart Kosloduj-3 und -4 bis 2006, damit sie die Beitrittskandidatur des Landes überhaupt in Betracht ziehen kann.

21. Mai 2002

Dies bestätigte EU-Kommissar Günter Verheugen kürzlich bei Gesprächen in Sofia. Nicht mit diesem Ansinnen einverstanden ist eine klare Mehrheit der bulgarischen Bevölkerung. Laut einer repräsentativen Meinungsumfrage von Gallup sind nicht weniger als 77% der Bulgaren der Ansicht, die Regierung dürfe den Druckversuchen der EU nicht nachgeben, die beiden Kernkraftwerksblöcke vorzeitig ausser Betrieb zu nehmen. 66% meinen sogar, die bereits beschlossene endgültige Abschaltung der noch älteren Blöcke Kosloduj-1 und -2 sei hinauszuschieben, und dies selbst, wenn damit der EU-Beitritt verzögert würde. Nur 8% teilen diese Meinung nicht, während sich 26% unentschieden zeigen. Fast 78% sind nicht mit der Aussage einverstanden, die frühzeitige Schliessung sei nötig, weil der "Betrieb unsicher" sei oder das Kraftwerk "eine mögliche Bedrohung für Bulgarien und Europa" darstelle. Die meisten Befragten vermuten "einen anderen Grund" als Sicherheit hinter der EU-Bedingung, nämlich 42% "wirtschaftliche Gründe" und 32% die Absicht, Bulgarien "von der EU abhängig" zu machen. Auch sind 60% davon überzeugt, dass Bulgarien der EU selbst dann nicht rascher beitreten könnte, wenn die vier ältesten Kosloduj-Einheiten wie verlangt stillgelegt würden. 90% meinen, die Stilllegung liesse die Strompreise im Lande ansteigen, und 70%, dadurch werde Bulgarien zum Markt für ausländische Stromerzeuger gemacht. Schliesslich finden es fast 60% richtig, den Bau des bulgarischen Kernkraftwerks Belene wieder in Angriff zu nehmen und es fertig zu stellen.

Quelle

P.B. nach NucNet, 22. Mai 2002

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