Bessere Zusammenarbeit von GIF und Inpro

Zu einer weltweiten Auslegeordnung aller nationalen und internationalen Programme über die Weiterentwicklung innovativer Kernbrennstoffkreisläufe und Reaktorsysteme wurde die Konferenz der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEO) in Wien vom 23.-26. Juni 2003.

6. Juli 2003

Weitgehend Übereinstimmung herrschte bei den Zielen der verschiedenen Projekte: Super-Sicherheit dank passiver und inhärent sicherer Schutzsysteme, verbesserte Wirkungsgrade, höhere Verfügbarkeiten, grössere Flexibilität und Wirtschaftlichkeit auf einem offenen Strommarkt sowie verstärkter Schutz gegen Proliferation im ganzen Brennstoffkreislauf. Die Entwicklung einiger innovativer Systeme ist schon weit fortgeschritten, so des südafrikanischen modularen Kugelhaufenreaktors PBMR (Pebble-Bed Modular Reactor), dessen erster kommerzieller Block 2008 lanciert werden soll. In vielen Beiträgen war Aufbruchstimmung zu spüren, nachdem die Umweltbelastung durch fossile Energien nicht nur in den USA und Russland, sondern auch in grossen Entwicklungsländern - besonders Indien und China - mehr und mehr für die nukleare Alternative spricht und gerade in diesen Ländern mit dem stärksten Nachfragezuwachs in den kommenden 60 Jahren zu rechnen ist. Damit die Neubelebung des Kernkraftwerkmarkts überall zum Tragen kommt, sind indessen noch grosse Anstrengungen zu leisten. Knackpunkte sind nach wie vor ein erfolgreicher Dialog mit Politik und breiter Öffentlichkeit über die Vorteile der Kernenergie, eine Stabilisierung des Bewilligungsumfelds - und damit der Investitionskosten - sowie ein offener Technologietransfer. Der Konflikt zwischen den Industrie- und Entwicklungsländern über die Auslegung des Nonproliferationsvertrags ist noch nicht ausgestanden, wie aus den Worten des Vorsitzenden der indischen Atomenergiekommission, Anil Kakodkar, deutlich wurde: In vielen Entwicklungsländern herrscht nach wie vor die Überzeugung, die Kontrollen dienten den Industrieländern als Vorwand, um den Technologietransfer zu verhindern und eigenständige Entwicklungen auszubremsen.
Politische Gründe hätten bis jetzt auch die systematische Zusammenarbeit der beiden grossen internationalen Entwicklungsinitiativen für innovative Kernbrennstoffkreisläufe und Reaktorsysteme - des Inpro-Projekts und des GIF - verhindert, betonte Wladimir Kusnetsow als Sprecher des russischen Kurtschatow-Instituts und des Atomenergieministeriums Minatom in einem Grundsatzreferat. Er rief dazu auf, die politischen Hindernisse auf dem Weg zu einem koordinierten Vorgehen wegzuschaffen. Ein erster Schritt sei bei den Gesprächen zwischen den Präsidenten Bush und Putin im Mai 2002 getan worden. Bereits zwei Monate später habe eine gemeinsame amerikanisch-russische Expertengruppe konkrete Vorschläge vorgelegt. Die Zusammenarbeit könne allerdings nicht in einem gegenseitigen Beitritt zu den Initiativen bestehen. Russland schlage viel mehr vor, koordinierte Projekte auszuarbeiten, um in verschiedenen Ländern Demonstrations-Kernkraftwerke zu bauen, deren Reaktoren den gewünschten verstärkten Proliferationsschutz bieten würden. Das Schisma der 70er-Jahre dürfe sich nicht wiederholen, als wichtige Länder -besonders die USA - die Wiederaufarbeitung verboten, auf die andere - so Frankreich, Grossbritannien, Japan und Russland - angewiesen seien. Zusammenfassend rief Kusnetsow auf, das Programm "Atoms for Peace" zu einem Programm 'Atoms for Prosperity" weiterzuentwickeln.
Das GIF (Generation IV International Forum) geht auf eine Initiative des amerikanischen Department of Energy zurück und begann seine Arbeit 2000. Ziel ist, bis 2030 eines oder mehrere nukleare Energiesysteme der vierten Generation zur Marktreife zu entwickeln. Dem Forum traten bis jetzt zehn Länder bei, darunter die Schweiz, nicht jedoch Russland. Die Mitgliedsländer finanzieren die koordinierten Einzelprojekte und wickeln sie entsprechend ihren Möglichkeiten und Vorstellungen ab. Der Ansatz ist technologisch und eher auf die Bedürfnisse der Industrieländer ausgerichtet. 2002 wurden die sechs am meisten versprechenden Systeme ausgewählt. Forschungs- und Entwicklungsprojekte für vier davon haben begonnen.
Das Inpro-Projekt (International Projekt on Innovative Nuclear Reactors and Fuel Cycles) wurde 2001 von Russland ins Leben gerufen. Es wird von der IAEO mitgetragen. Ziel ist, den Forschungs- und Entwicklungsbedarf für innovative nukleare Energiesysteme und das symbiotische Zusammenwirken solcher Systeme bis 2050 zu ermitteln, um dann die nötigen Arbeiten anzuregen und zu koordinieren. Dem Inpro traten bis jetzt zwölf Länder - darunter die Schweiz - und die EU bei, nicht jedoch die USA. Der Ansatz ist systemisch und auf die Bedürfnisse der künftigen Systemnutzer unter besonderer Berücksichtigung der Entwicklungsländer ausgerichtet. Bis jetzt wurden in einer Phase 1A diese Bedürfnisse im Detail abgeklärt sowie die verschiedenen Konzepte und Ansätze katalogisiert. In der eben angelaufenen Phase 1B geht es zunächst um eine Evaluation innovativer Systeme, um sodann abzuklären, wie weit sie die festgestellten Bedürfnisse erfüllen. In der anschliessenden Phase 2 können dann die zur Weiterbearbeitung empfohlenen Systeme ausgewählt und die Machbarkeit internationaler Entwicklungsprojekte abgeklärt werden, um sie später nach Möglichkeit umzusetzen.

Quelle

P.B. nach NucNet, 30. Juni und 7. Juli 2003

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