Belene: Schadenersatz für Russland
Der internationale Schiedsgerichtshof der International Chamber of Commerce (ICC) in Genf hat beim Streit um Kompensationszahlungen für das von der bulgarischen Regierung gestoppte Belene-Neubauprojekt teilweise im Sinne der klagenden russischen JSC Atomstroiexport entschieden.
Die Regierung Bulgariens beschloss 2012, das an die Atomstroiexport vergebene Neubauprojekt von Belene zu sistieren. Zu diesem Zeitpunkt waren am Standort im Norden des Landes vorbereitende Arbeiten am Laufen und es waren bereits Komponenten mit langer Vorlaufzeit hergestellt worden. Gemäss einer Mitteilung des bulgarischen Energieministeriums forderte die Atomstroiexport nach dem Projektabbruch vom bulgarischen Vertragspartner – dem staatlichen Elektrizitätsunternehmen Natsionalna Elektricheska Kompania EAD (NEK) – eine Entschädigung von rund EUR 1,2 Mrd. (CHF 1,3 Mrd.). Die ICC hat nun entschieden, dass Bulgarien rund die Hälfte dieses geforderten Betrags (EUR 620 Mio.) zahlen muss. Die Atomstroiexport soll damit für die bereits produzierten Kernkraftwerkskomponenten entschädigt werden, die dann in bulgarisches Eigentum übergehen. Andere Kompensationsforderungen der russischen Kernkraftwerksherstellerin lehnte das Gericht ab.
Hin und Her beim Belene-Bauprojekt
Der Bau von Belene-1 und -2 hatte schon 1986 begonnen. Die Arbeiten kamen 1991 zum Stillstand, als Belene-1 zu 65% fertiggestellt war. Neuen Schub erhielt das Projekt 2006, als die NEK und die Atomstroiexport ein Abkommen zum Bau der zwei 1000-MW-Druckwasserreaktoren Belene-1 und -2 unterzeichneten. Die beiden WWER-1000-Einheiten sollten die vorzeitige Stilllegung von vier der sechs Blöcke des Kernkraftwerks Kosloduj kompensieren. Nach der Unterzeichnung dieses Bauvertrags wurde lange ergebnislos über den Preis und die Finanzierung des Werks verhandelt. Mehrere Gründe führten schliesslich dazu, dass sich am 27. Februar 2013 eine Mehrheit im bulgarischen Parlament gegen den Fertigbau des Kernkraftwerks Belene durch Russland aussprach. Das Land will stattdessen den bestehenden Standort Kosloduj ausbauen.
Quelle
M.B. nach bulgarischem Energieministerium, Mitteilung, 16. Juni, sowie Atomstroiexport, Medienmitteilung, 17. Juni 2016