Atomallianz: Elf EU-Länder rufen zu einer verstärkten europäischen Zusammenarbeit im Bereich der Kernenergie auf
Die EU-Verkehrs- und Energieministerinnen und -minister haben sich gestern und heute (28. Februar 2023) in Stockholm zu einem informellen Treffen über den europäischen Strommarkt eingefunden. Am Rande des Treffens haben sich Finnland, Frankreich, die Niederlande und acht osteuropäische Länder zusammengeschlossen und fordern eine verstärkte europäische Zusammenarbeit im Bereich der Kernenergie.
Die französische Ministerin für Energiewende, Agnes Pannier-Runacher, hatte bereits gestern angekündigt, dass sie in Stockholm Gespräche über eine mögliche Atomallianz führen wolle. «Anlässlich des informellen Ratstreffens der Energieminister in Stockholm trafen sich heute Morgen Minister und hochrangige Vertreter aus elf Mitgliedstaaten, darunter Bulgarien, Kroatien, Frankreich, Ungarn, Finnland, die Niederlande, Polen, die Tschechische Republik, Rumänien, die Slowakei und Slowenien, mit der Europäischen Kommission und der schwedischen Ratspräsidentschaft, um gemeinsam ihren Willen zur Stärkung der europäischen Zusammenarbeit im Bereich der Kernenergie zu bekräftigen», schrieb nun das französische Ministerium für Energiewende nach dem Treffen in einer gemeinsamen Erklärung.
Für Frankreich sei es besonders wichtig, dass die Kräfte gebündelt würden, um innovativ zu sein und neue Kernanlagen zu entwickeln, die mithelfen würden, die von der EU für 2050 angestrebte Kohlenstoffneutralität zu erreichen, plädierte Agnes Pannier-Runacher im Vorfeld. «Die USA, Grossbritannien, Südkorea, China, Indien und sogar Japan sehen die Kernenergie als ein wichtiges Mittel zur Dekarbonisierung ihrer Wirtschaft an. Wir müssen auf gleicher Augenhöhe sein», liess sie gemäss der Tageszeitung Le Matin verlauten. Die elf Länder hielten in ihrer Erklärung dann auch fest, dass «die Kernenergie eines von vielen Instrumenten zur Erreichung unserer Klimaziele, zur Erzeugung von Grundlaststrom und zur Gewährleistung der Versorgungssicherheit» sei.
Frankreich will nicht nur neue Kernkraftwerke bauen, sondern diese auch vermehrt dazu nutzen, um seine Klimaziele in Bezug auf grünen Wasserstoff im Verkehr und in der Industrie zu erreichen. Dagegen wehren sich aber einige EU-Staaten wie Deutschland und Spanien vehement (siehe Hintergründe). Am Ministerratstreffen in Stockholm bekräftigten Deutschland, Österreich und Luxemburg erneut ihre ablehnende Haltung gegenüber dem Ausbau der Kernenergie in Europa.
Schweden, das den EU-Rat präsidiert, hat die gemeinsame Erklärung zwar nicht unterzeichnet, zeigte sich aber gemäss Le Matin entgegenkommend: «Wir respektieren die Tatsache, dass die Staaten unterschiedliche Lösungen für ihren Übergang wählen werden, wobei das Ziel darin besteht, von fossilen Brennstoffen wegzukommen», kommentierte Ministerin Ebba Busch.
Wie sieht die Zusammenarbeit der Atomallianz aus?
«Die Minister kamen überein, eine engere Zusammenarbeit zwischen ihren nationalen Nuklearsektoren zu fördern, um die beste Kooperation über die Lieferketten hinweg zu gewährleisten und gemeinsame Ausbildungsprogramme und Industrieprojekte zu erkunden, um neue Projekte, insbesondere auf der Grundlage innovativer Technologien, sowie den Betrieb bestehender Kraftwerke zu unterstützen», so die gemeinsame Erklärung. Die Länder erörterten zudem Möglichkeiten für eine verstärkte wissenschaftliche Zusammenarbeit und den koordinierten Einsatz bewährter Verfahren im Bereich der Sicherheit.
«Die Förderung der Forschung und die Verbreitung technischer Informationen, die Festlegung einheitlicher Sicherheitsstandards im Einklang mit der besten internationalen Praxis und die Stärkung der industriellen Zusammenarbeit bei der Entwicklung der europäischen Kernenergiekapazitäten» entsprächen den «Zielen des Euratom-Vertrags» und seien «wichtige Ziele der gemeinsamen Energiepolitik», hielten die elf EU-Länder fest.
Stimmen zur neuen Atomallianz und zum Ausbau der Kernenergie
Anna Moskwa, die polnische Ministerin für Klima und Umwelt verkündete nach dem Treffen: «Ich glaube, dass dies nicht der letzte Schritt sein wird. Wir schliessen weitere Treffen zum Thema Atomkraft nicht aus.»
Die Krise des letzten Jahres habe gezeigt, wie notwendig eine stabile, nachhaltige Energiequelle mit geringem Kohlenstoffausstoss sei, merkte Jozef Síkela an, der tschechische Minister für Industrie und Handel: «Erneuerbare Energien können unbeständig sein. Wir brauchen eine stabile und nachhaltige Energie mit geringem Kohlenstoffgehalt: Dafür gibt es nur eine Möglichkeit – die Kernenergie», so Síkela.
Quelle
B.G. nach französischem Ministerium für Energiewende, gemeinsame Erklärung, 28. Februar 2023; Le Matin, Artikel, 28. Februar 2023; Anna Hubert, Tweet, 28. Februar 2023
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