Was wir von Winston Churchill lernen können
Der grosse Staatsmann Winston Churchill, der heute sicher ein grosser Verfechter der Kernkraft wäre, meinte in einer Debatte des britischen Unterhauses einmal treffend: «Those who fail to learn from history are doomed to repeat it.» Man tue also gut daran, die Fehler der Vergangenheit zu analysieren, um sie denn nicht zu wiederholen. Jetzt, wo wir uns wieder einer grossen Debatte rund um die Rolle der Kernkraft in der Schweiz annähern, sollten wir den Rat Churchills für einmal beherzigen.

Eingangs sei festgehalten: Der Lauf der Geschichte, der zu einem Neubauverbot für Kernkraftwerke in der Schweiz führte, ist klarerweise kein Ruhmesblatt für unsere Branche. Mit dem Status quo können wir nicht zufrieden sein. Entsprechend müssen wir uns auch mit einem gesunden Mass an Selbstkritik fragen, was wir hätten anders machen müssen. Althergebrachte Rezepte sind und waren offenbar kein Erfolgsgarant. Ich habe, als ich vor einigen Jahren im Nuklearforum begonnen habe, frühere Informations- und Abstimmungskampagnen zur Kernkraft in der Schweiz analysiert. Meine zentralen Erkenntnisse: Auf die Vorteile der Technologie fokussieren und sich auf das Wesentliche beschränken.
Um den Wert der Kernkraft zu erkennen, muss man nicht verstehen, wie etwa in einem Reaktor Tscherenkow-Strahlung entsteht. Allerdings ist es von fundamentaler Wichtigkeit, dass man erkennt, dass Kernenergie relativ emissionsarm und versorgungssicher ist. Otto Normalverbraucher steigt auch in ein Flugzeug, obwohl er die Grundzüge der Thermodynamik nicht kennt. Die Fluggesellschaften versuchen auch nicht, es ihm andauernd zu erklären.
Informieren, nicht belehren und vor allem Begeisterung wecken
Nur weil man viel von Kernenergie versteht, bedeutet das nicht, dass man sie auch gut kommunizieren und andere Menschen dafür begeistern kann. Entsprechende technische Ausschweifungen wirken rasch elitär. Vielmehr wirkt es, wenn man seine persönliche Faszination in klar verständliche Sprache fasst. Um hier noch einmal Churchill zu bemühen: «I’m always ready to learn, although I do not always like being taught.»
Technologien nicht gegeneinander ausspielen
Jede Technologie hat bekanntlich ihre Vor- und Nachteile. Das gilt sowohl für die Kernenergie wie auch für beispielsweise die erneuerbaren Energien. Letztere stehen in der öffentlichen Beliebtheitsskala jedoch ziemlich weit oben. Wenn wir nun andere klimafreundliche Stromquellen andauernd schlechtreden, erwecken wir den Eindruck, dass wir der angeblichen Konkurrenz nicht gewachsen sind. Die Gesellschaft wird in Zeiten von Elektromobilität und künstlicher Intelligenz ohnehin alles an klimafreundlicher Erzeugung ausschöpfen müssen. Folglich haben dann in einer klimafreundlichen Zukunft auch alle ihren Platz. Ein solches Bashing schreckt zudem moderate Kräfte ab, die wir jedoch benötigen, wenn wir mit Kernenergie wieder mehrheitsfähig werden wollen.
Gezielt die kommunikative Offensive suchen
Während Jahrzehnten wurde über Kernenergie in der Schweiz von der Branche nur dann wirklich kommuniziert, wenn man auf Anschuldigungen betreffend Sicherheit der eigenen Anlagen oder Ereignissen aus dem Ausland reagieren musste. Von Beginn weg bewegte man sich argumentativ in einer selbstgewählten Defensive und die Gegner kontrollierten weitgehend das Narrativ. In diesen Modus dürfen wir nicht zurückfallen. Zukünftig müssen wir entsprechend noch stärker auf die Vorteile der Technologie setzen und den Gegner mit unseren Argumenten zur Reaktion und damit in die Defensive zwingen. Um das noch einmal mit Churchill zusammenzufassen: «No one ever won a war by going into retreat.»
Schrille Töne helfen keinem Orchester
Schrille Töne braucht nur, wer keine Argumente hat oder einer Debatte nicht gewachsen ist. Persönliche Angriffe bewirken beim Publikum vielmehr eine Solidarisierung mit dem politischen Gegner und sind schon deshalb zu unterlassen. Winston Churchill meint dazu treffend: «Shrillness is not argument.»
Um dies klarzustellen: Es geht mir hier nicht darum, das verdiente Engagement von langjährigen Mitgliedern der Branche schlechtzureden. Vielmehr ist dieser Text als Appell und Vorbereitung auf die kommende Debatte zu verstehen. Wir haben alle das gleiche Ziel. Wir wollen das unsägliche Technologieverbot aufheben. Gehen wir es also gemeinsam an.
Verfasser/in
Lukas Aebi