Polens Schritt in die Kernenergie: Ein Projekt mit breiter öffentlicher Unterstützung
Polen beschleunigt den Bau seines ersten Kernkraftwerks, um die Energieversorgung zu sichern und die Treibhausgasemissionen zu senken. Die Bevölkerung zeigt eine beeindruckende Unterstützung für das Projekt, das nicht nur zur Modernisierung es Energiesektors beiträgt, sondern auch zahlreiche Arbeitsplätze schafft und die regionale Entwicklung fördert.
Polen intensiviert seine Anstrengungen für den Bau des ersten Kernkraftwerks des Landes. Angesichts der wachsenden Herausforderungen bei der Energieversorgungssicherheit und der Notwendigkeit, Treibhausgasemissionen zu reduzieren, hat die polnische Regierung Schritte unternommen, um die Arbeiten an diesem strategischen Projekt zu beschleunigen. Verantwortlich für die Vorbereitung des Investitionsprozesses ist das staatlich-polnische Unternehmen Polskie Elektrownie Jądrowe (PEJ).
PEJ ist nicht nur für den Bau des ersten Kernkraftwerks in Polen zuständig, sondern auch für den Bau weiterer Reaktoren mit einer Gesamtleistung von etwa 6000 bis 9000 MW. Darüber hinaus unterstützt das Unternehmen die Regierung bei der Umsetzung des polnischen Kernenergieprogramms und beim Aufbau öffentlicher Unterstützung für die Kernenergie.
«Der Bau eines Kernkraftwerks ist das grösste Infrastrukturprojekt in Polen seit Jahren. Diese Investition bietet eine grosse Entwicklungschance, nicht nur für die nationale Wirtschaft, sondern auch für viele polnische Unternehmen und Unternehmer. Wir befinden uns derzeit in einer fortgeschrittenen Phase der Bauvorbereitung, die voraussichtlich 2028 mit dem Giessen des ersten Betons für den nuklearen Teil der Anlage abgeschlossen wird», sagt Leszek Juchniewicz, Vorstandsvorsitzender von PEJ. Man arbeite daran, alle Sicherheits- und Umweltanforderungen zu erfüllen und gleichzeitig die neuesten Technologien einzuführen, um die Effizienz und Zuverlässigkeit des Kraftwerks zu gewährleisten. PEJ ziehe die besten Fachleute der Branche an und arbeite weltweit mit führenden Technologieunternehmen zusammen. «Wir bieten einzigartige Karrieremöglichkeiten in einem Bereich, der eine Schlüsselrolle bei der Energiewende des Landes spielt», unterstreicht Juchniewicz.
Polens Vorstoss zur Nutzung der Kernenergie steht im Einklang mit globalen Entwicklungen. Zahlreiche Staaten weltweit planen in den nächsten Jahren den Bau von neuen Kernreaktoren und streben eine erhebliche Steigerung ihrer Kernkraftkapazitäten an. Angesichts des unvermeidlichen Dekarbonisierungsprozesses und des bestehenden Energiemix, der auch erneuerbare Quellen umfasst, benötigt Polen jedoch stabile, emissionsarme Energiequellen als Fundament. Die Kernenergie stellt hierfür die passende Lösung dar.
Erster Beton soll 2028 gegossen werden
In letzter Zeit hat sich der Investitionsprozess in Polen beschleunigt. Die polnische Regierung hat den Technologielieferanten – das amerikanische Unternehmen Westinghouse Electric mit seinen AP1000-Reaktoren – ausgewählt und der Investor hat einen Vertrag mit dem amerikanischen Konsortium Westinghouse und Bechtel über die Ingenieurdienstleistungen für die Anlage unterzeichnet. PEJ hat die wichtigsten Genehmigungen erhalten, die den Beginn der ersten Feldarbeiten ermöglichen. Die Umweltgenehmigung, die Standortgenehmigung und die Grundsatzentscheidung bilden die rechtliche Grundlage für die Durchführung dieser strategischen Investition in Polen.
Der erste Beton soll 2028 am Standort Lubiatowo-Kopalino nahe der Ostseeküste in der Woiwodschaft Pommern gegossen werden. Bechtel, der Bauunternehmer des geplanten Kraftwerks, erklärt, dass der Bau des ersten AP1000-Reaktors sieben Jahre dauern wird, bis 2035. Anschliessend sind die Inbetriebnahme und Zulassung geplant, was etwa ein Jahr in Anspruch nimmt. Die weiteren zwei Reaktoren sollen im Abstand von jeweils einem Jahr in Betrieb genommen werden.
Gegenwärtig werden am zukünftigen Standort intensive Untersuchungen durchgeführt, um die geologischen, ingenieurtechnischen und hydrogeologischen Verhältnisse im Detail zu ermitteln. Auf einer Fläche von rund 30 Hektar werden rund 220 Bohrungen mit einer Tiefe von 20 bis 210 Metern durchgeführt. Die Ergebnisse dieser Studien dienen der Planung der wichtigsten Bauten wie der drei Kernkraftwerksblöcke, des Zuflussbeckens, der Kühlwasserkanäle und des Kühlwasserabflusskanals. Darüber hinaus bilden sie die Grundlage für die Erstellung eines Standortberichts, der für die Erteilung einer Baugenehmigung durch die polnische Atomenergiebehörde Państwowa Agencja Atomistyki (PAA) erforderlich ist.
Fast 90% der polnischen Bevölkerung unterstützt den Bau des Kernkraftwerks
Der Bau des Kernkraftwerks wird den Einwohnern von Pommern durch den Ausbau der zugehörigen Infrastruktur zusätzliche Vorteile bringen. Eine neue Zufahrtsstrasse, eine Eisenbahnlinie mit Oberleitungen und Bahnhöfen sowie eine rund 1100 Meter lange Schiffsentladeanlage für Material und Ausrüstung sollen nicht nur den ordnungsgemässen Betrieb des Kraftwerks sicherstellen, sondern auch die Akzeptanz des Projekts in der Region weiter vergrössern. Ausserdem wurde im Zusammenhang mit dem Bau des Kraftwerks das «Programm zur Unterstützung von Investitionen der lokalen Verwaltungsbehörden in die strategische Energieinfrastruktur in der Woiwodschaft Pommern» ins Leben gerufen. Hauptziele des Programms, das zwischen 2024 und 2028 umgesetzt werden soll, sind die Verbesserung der Verkehrsanbindung, die Erhöhung der Lebensqualität der Einwohner und die Steigerung der touristischen Attraktivität der Region. Für die Umsetzung des Programms sind PLN 250 Mio. (CHF 55 Mio.) aus dem Staatshaushalt vorgesehen.
PEJ ist seit vielen Jahren Partner und Nachbar der lokalen Gemeinschaft in Pommern. Seit mehr als zehn Jahren gibt es in allen drei Standortgemeinden lokale Informationspunkte, wo sich alle Interessierten über das Projekt informieren können. Allein im vergangenen Sommer haben Vertreter des Unternehmens an mehr als 40 Veranstaltungen in den Gemeinden Choczewo, Gniewino und Krokowa teilgenommen, bei denen die Einwohner mit PEJ-Experten über das Kernkraftwerk am Standort Lubiatowo-Kopalino sprechen und allgemeine Informationen über Kernenergie erhalten konnten. Das Unternehmen veranstaltet regelmässig offene Treffen mit Einwohnern sowie Arbeitsgruppensitzungen. Neben der Öffentlichkeitsarbeit ist PEJ auch im Bereich der sozialen Verantwortung von Unternehmen (CSR) tätig und hat vor Jahren unter anderem ein eigenes Programm zur Förderung sozialer Initiativen gestartet, das jedes Jahr viele lokale Projekte unterstützt. Darüber hinaus arbeitet PEJ mit Mittelschulen und Universitäten in der Region zusammen.
Und die Kommunikation zeigt Wirkung: Eine Umfrage «Einstellung zur Kernenergie 2023» hat gezeigt, dass die Pläne zum Bau eines Kernkraftwerks in der Region weithin bekannt sind und die Unterstützung für Kernenergie unter den Einwohnern der Standortgemeinde Choczewo 67% erreicht. Eine landesweite Umfrage, die im November 2023 im Auftrag des Ministeriums für Klima und Umwelt durchgeführt wurde, ergab, dass 89,9% der Befragten den Bau eines Kernkraftwerks in Polen befürworten – die höchste Unterstützung für Kernenergie in der Geschichte Polens. «Natürlich gibt es auch Gegenstimmen, aber das ist bei einem so komplexen Projekt nicht verwunderlich», so Leszek Juchniewicz.
Herausforderung: qualifiziertes Personal für die Kernenergie
Die Herausforderung, der die polnische Kernenergiebranche gegenübersteht, besteht darin, qualifiziertes Personal bereitzustellen. Der Bedarf an Arbeitskräften für den Bau und Betrieb des ersten Kernkraftwerks ist enorm: Schätzungen zufolge werden in Polen in den nächsten 50 Jahren bis zu 40’000 Arbeitsplätze geschaffen – und das Kernkraftwerk in Pommern dürfte sogar noch länger in Betrieb sein. Deshalb arbeitet PEJ seit mehr als zwei Jahren mit zahlreichen Universitäten in Polen zusammen, um zukünftige Fachkräfte für die Kernenergiebranche auszubilden. In den letzten zwei Jahren wurde eine Zusammenarbeit mit Universitäten in Warschau, Krakau, Łódź und Danzig eingeleitet. Bezeichnenderweise konzentrieren sich auch die amerikanischen Partner, die am ersten polnischen Kernenergieprojekt beteiligt sind, auf Bildung, Personalentwicklung und Wissensvermittlung. Sowohl Westinghouse als auch Bechtel haben bereits entsprechende Vereinbarungen mit polnischen Universitäten geschlossen. Dank dieser Zusammenarbeit haben diese Unternehmen und Institutionen bereits Einfluss auf die Gestaltung der Ausbildungsprogramme für zukünftige Fachkräfte in der Kernenergiebranche.
Ein wichtiger Aspekt für PEJ ist die Beteiligung der polnischen Industrie – insbesondere von Auftragnehmern aus der Region Pommern – am Bau des Kernkraftwerks. Dies ist auch im Engineering Services Contract (ESC) mit dem Westinghouse-Bechtel-Konsortium festgelegt. Darüber hinaus wurde im Juli 2024 die Zusammenarbeit von PEJ mit dem Polnischen Wirtschaftsinstitut (Polski Instytut Ekonomiczny, PIE) bei einem Forschungsprojekt angekündigt, welches das Interesse polnischer Unternehmen an einer Beteiligung am Bau des ersten polnischen Kernkraftwerks bewerten soll.
«Das erste polnische Kernkraftwerk ist ein strategisches Projekt für Polen, und die Entscheidung, es zu bauen, ist Teil einer umfassenden Strategie zur Modernisierung des polnischen Energiesektors mit dem Ziel, von fossilen Brennstoffen unabhängig zu werden», sagt Leszek Juchniewicz.
Verfasser/in
S.D. nach Polskie Elektrownie Jądrowe
Quelle
Polskie Elektrownie Jądrowe